Rz. 66
Die örtliche Zuständigkeit für Leistungen an junge Volljährige richtet sich nach § 86a; ausschlaggebend nach Abs. 1 ist der gewöhnliche Aufenthalt des jungen Volljährigen vor Beginn der Leistung (zum Sonderfall der Antragstellung durch einen noch minderjährigen Anspruchssteller und nach mehrmaligem Wechsel des Aufenthaltsorts vgl. VG Freiburg, Urteil v. 21.2.2006, 4 K 413/05). Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht zu ermitteln, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des jungen Volljährigen (§ 86a Abs. 3). Hält sich der junge Volljährige in einer Einrichtung oder sonstigen Wohnform auf, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dient, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in eine Einrichtung (§ 86a Abs. 2). Knüpft die Volljährigenhilfe nach § 41 nahtlos oder zumindest innerhalb von 3 Monaten nach Einstellung der bis dahin geleisteten Hilfe zur Erziehung nach § 27 an diese an, gilt § 86 a Abs. 4 Satz 1. Der örtliche Träger, der bis zum Eintritt der Volljährigkeit zuständig war, ist auch für die Volljährigenhilfe nach § 41 zuständig (BVerwG, Urteil v. 14.11.2002, 5 C 56/01; zur Frage, welches Jugendamt für die Anschlusshilfe bei gerade volljährig gewordenen Jugendlichen zuständig ist, wenn der gewöhnliche Aufenthaltsort des maßgeblichen Elternteils nicht feststellbar ist, vgl. auch DIJuF-Rechtsgutachten v. 14.12.2004, J 3.311 Rei, JAmt 2005 S. 22). Dies gilt unabhängig davon, in welcher Hilfeform die Hilfe bzw. Leistung für junge Volljährige fortgesetzt wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.9.2001, 12 A 5134/99).
Rz. 67
§ 92 Abs. 1 Nr. 2 regelte bis zum 31.12.2022, dass junge Volljährige insbesondere zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 Nr. 8 genannten Leistungen heranzuziehen sind und zwar aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 (einen guten systematischen und exemplarischen Überblick gibt Benner, NZFam 2020 S. 414). § 91 Abs. 1 Nr. 8 erfasst die Hilfen für junge Volljährige. Zu den Kosten vollstationärer Leistungen sind junge Volljährige noch unter der alten Rechtslage nach § 92 Abs. 1a zusätzlich aus ihrem Vermögen nach Maßgabe der §§ 90 und 91 SGB XII heranzuziehen. Ehegatten oder Lebenspartner des jungen Volljährigen werden gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 4 und Eltern gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 5 aus ihrem Einkommen ebenfalls zu den Kosten der Leistungen herangezogen.
Rz. 67a
Durch Art. 2 Nr. 2 Buchst. a und b des Gesetzes zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe v. 21.12.2022 (BGBl. I S. 2824, Berichtigung in BGBl. 2023 I Nr. 19)) wurde mit Wirkungzum 1.1.2023 in § 92 ein neuer Abs. 1 eingefügt, der seitdem vorsieht, dass Elternteile zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen sind. Der ehemalige Abs. 1 wurde in Abs. 1a umnummeriert und sieht seitdem vor, dass junge Volljährige allenfalls noch einkommensunabhängig herangezogen werden können. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, die Kostenheranziehung von jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach § 19 sowie für ihre Ehegatten und Lebenspartner aufzuheben. Dadurch können die jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach § 19 sowie ihre Ehegatten und Lebenspartner vollständig über das Einkommen, das sie erzielen, verfügen (zur Zielsetzung vgl. die Gesetzesmotive: BT-Drs. 20/3439 S. 2 = BR. Drs. 363/22 S. 2). Die weiteren Zugriffsmöglichkeiten bleiben aber erhalten. Mit dem zum 1.1.2023 neu eingefügten § 92 Abs. 1a wird klargestellt, dass es weiterhin möglich ist, dass Kinder und Jugendliche, junge Volljährige, Leistungsberechtigte nach § 19 und Elternteile wie bisher unabhängig vom Einkommen zu den Kosten herangezogen werden können. Diese Möglichkeit besteht zum einen wie bisher gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3, wonach Geldleistungen, die dem gleichen Zweck wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen sind. Zum anderen ist weiterhin von der Person, die das Kindergeld bezieht, unter den Voraussetzungen des § 94 Abs. 3 ein Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen (BT-Drs. 20/3439 S. 12 = BR-Drs. 363/22 S. 10). Die Heranziehung der Elternteile aus ihrem Einkommen bleibt nach § 92 Abs. 1 hingegen unverändert (vgl. § 92 Abs. 1 Nr. 5 i. d. F. gültig bis 31.12.2022). Die Ehegatten und Lebenspartner wurden hingegen ausdrücklich aus dem in § 92 Abs. 1a Nr. 1 bis 4 genannten Personenkreis herausgenommen, da diese keine zweckgleichen Leistungen oder das Kindergeld für den jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 erhalten (so ausdrücklich der Gesetzgeber: BT-Drs. 20/3439 S. 12 = BR-Drs. 363/22 S. 10; vgl. weitergehend im Übrigen Komm. zu § 92).