0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Erlaubnis zur Kindertagespflege wurde durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl I S. 2729) eigenständig in § 43 geregelt. Zuvor unterfiel die Kindertagespflege der Pflegeerlaubnis nach § 44 a. F., allerdings nur bei Betreuung von mehr als 3 Kindern. Die Neuregelung fußt auf dem Gedanken der Qualitätssicherung: Kinder in Kindertagespflege sollen die gleiche Qualität der Betreuung erfahren wie in einer Einrichtung (BT-Drs. 15/5616 S. 23); die Kindertagespflege soll ein gleichrangiges Angebot sein (BT-Drs. 15/3676 S. 24). In Abs. 1 wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG) v. 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403) mit Wirkung zum 16.12.2008 klargestellt, dass der Erlaubnisvorbehalt bei der Kinderbetreuung außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages ab einer wöchentlichen Arbeitszeit der Pflegeperson von mehr als 15 Stunden greift. Ferner wurde der gebundene Anspruch auf Erlaubniserteilung in Abs. 2 Satz 1 dadurch präzisiert, dass die Erlaubnis bei Eignung zu erteilen ist (vorher: wird erteilt). Weitreichende Änderungen hat Abs. 3 erfahren: Nach Satz 1 ist jetzt ausdrücklich die Betreuung von 5 gleichzeitig anwesenden Kindern erlaubt, so dass die Tagespflegeperson Betreuungsverträge auch für mehr als 5 Kinder schließen kann. Satz 2 ermächtigt dazu, die Erlaubnis auch für die Betreuung von weniger als 5 Kindern zu erteilen. Satz 3 eröffnet dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit, die Betreuung von mehr als 5 Kindern zu erlauben. Satz 5 ermächtigt zum Erlass von Nebenbestimmungen und Abs. 4 enthält einen Beratungsanspruch sowohl für die Erziehungsberechtigten als auch die Tagespflegeperson. Durch Art. 2 Nr. 11 BKiSchG v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975) wurde mit Wirkung zum 1.1.2012 in Abs. 2 ein Verweis auf § 72a Abs. 1 und 5 angefügt. Durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurden mit Wirkung zum 10.6.2021 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 5 und Abs. 4 geändert. Es handelt sich um Anpassungen an aktuelle Begrifflichkeiten (BT-Drs. 19/26107 S. 96).
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält eine Rahmenregelung für den Schutz von Kindern in Kindertagespflege. Damit enthält sie kein Leistungsrecht, sondern gibt den Jugendämtern als "andere Aufgabe" i. S. d. § 2 Abs. 1 und 3 Eingriffskompetenzen, um das Kindeswohl in der Kindertagespflege zu gewährleisten. Mit Kindertagespflege ist gemeint, dass das Kind außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages betreut wird, insbesondere bei einer sog. Tagesmutter. Hierbei wird das Kindeswohl sichergestellt, indem die Kindertagespflege, sofern sie einen mehr als geringfügigen Umfang hat, nur nach Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis aufgenommen werden darf. In Abgrenzung dazu bedarf es einer Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach § 44, wenn die Betreuung ganztägig, also über 24 Stunden erfolgt. Erfolgt die Betreuung – ganztägig oder während eines Teils des Tages – demgegenüber in einer Einrichtung, so bedarf es einer Betriebserlaubnis nach § 45.
Die Erlaubnis zur Kindertagespflege ist nach Abs. 2 Satz 1 zu erteilen, wenn der Antragsteller für die Kindertagespflege geeignet ist; zur Eignungsaussage enthalten Sätze 2 bis 4 präzisierende Angaben. Ist der Antragsteller im Genuss der begehrten Erlaubnis, so berechtigt ihn dies nach Abs. 3 grundsätzlich zur gleichzeitigen Betreuung von bis zu 5 fremden Kindern für die Dauer von 5 Jahren. Für die Zeit nach Erteilung der Erlaubnis enthält die Vorschrift im Übrigen kaum Regelungen zur Sicherstellung des Kindeswohls. Lediglich Abs. 3 Satz 6 verpflichtet die Kindertagespflegeperson zur Mitteilung wichtiger Ereignisse, die für die Betreuung des Kindes oder der Kinder bedeutsam sind. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Jugendamt in den notwendigen Kenntnisstand versetzt wird, um ggf. tätig werden zu können. Außerdem kann die Erlaubnis nach Abs. 3 Satz 4 mit Nebenbestimmungen versehen werden. Ferner vermittelt Abs. 4 sowohl der Tagespflegeperson als auch den Erziehungsberechtigten einen Beratungsanspruch.
2 Rechtspraxis
2.1 Erlaubnisvorbehalt
2.1.1 Eingreifen des Erlaubnisvorbehalts (Abs. 1)
Rz. 3
Die Tagesbetreuung von Kindern ist erlaubnispflichtig, wenn sie durch eine sog. Tagespflegeperson erfolgt. Das sind nach der Legaldefinition in Abs. 1 Personen, die Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten in anderen Räumen während eines Teils des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als 3 Monate betreuen wollen. Die Erlaubnispflicht ist also von folgenden Faktoren abhängig: Alter der zu Betreuenden, Betreuungsort, Betreuungszeitpunkt, zeitlicher Umfang der Betreuung und Entgeltlichkeit. Maßgeblich ist insoweit eine Prognose, da vor Beginn der Pflege zu entscheiden ist, ob diese erlaubnispflichtig ist (sog. präventiver Er...