Rz. 3
Grundsätzlich steht nach Abs. 1 Satz 1 jede (Vollzeit-)Pflegestelle unter einem sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dies besagt, dass vor Aufnahme der Vollzeitpflege eine Erlaubnis des zuständigen Jugendamtes einzuholen ist. In der Folge zieht das eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Personensorgeberechtigten nach sich, da diese in ihrem Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind beschränkt werden; sie können nicht uneingeschränkt bestimmen, wo sie ihre Kinder in Pflege geben. Gleichzeitig sind auch Rechtspositionen der Pflegeperson (Schutz der Pflegefamilie, Gewerbefreiheit, Handlungsfreiheit) betroffen (BT-Drs. 11/5948 S. 83). Diese Einschränkungen sind aber gerechtfertigt, weil das Wohl von Kindern und Jugendlichen höher zu bewerten ist, als die vorgenannten Rechtspositionen.
Rz. 4
Der Erlaubnisvorbehalt gilt für jede Pflegeperson. Pflegeperson ist nach der Legaldefinition in Abs. 1 Satz 1, "wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will" (diese Legaldefinition gilt für das gesamt SGB VIII, BVerwG, Urteil v. 1.9.2011, 5 C 20/10). Anders also als bei der Tagespflegeperson nach § 43 erfolgt die Aufnahme hier ganztägig, also über 24 Stunden. Dies führt regelmäßig dazu, dass der Minderjährige bei der Pflegeperson zumindest vorübergehend seinen Lebensmittelpunkt findet, also dort wohnt. Aber auch kurzfristige Aufenthalte fallen hierunter. Dies zeigt ein Vergleich zur Ausnahmeregelung in Satz 2 Nr. 4, wonach die Aufnahme aus dem Erlaubnisvorbehalt aus Satz 1 (wieder) herausgenommen wird, wenn sie bis zu 8 Wochen andauern soll. Ferner muss eine Aufnahme in den Haushalt der Pflegeperson erfolgen. Hierunter fallen alle privaten Wohnformen, unabhängig davon, wie sie organisiert sind. Es kann sich um eine Familie, aber auch eine alleinstehende Person handeln. Über den Haushaltsbegriff und die Bindung an die Pflegeperson wird in erster Linie eine Abgrenzung zur Einrichtung nach § 45 vollzogen (dort vor allem: organisatorische Verantwortung bei einem Träger, vgl. Komm. zu § 45).
Hinsichtlich der vorgenannten Umstände ist eine Prognose erforderlich, da vor Beginn der Vollzeitpflege zu entscheiden ist, ob und nach welchen Vorschriften diese erlaubnispflichtig ist (sog. präventiver Erlaubnisvorbehalt). Zugleich bedeutet die Aufnahme erlaubnispflichtiger Vollzeitpflege ohne Pflegeerlaubnis eine Ordnungswidrigkeit nach § 104 Abs. 1 Nr. 1.