2.1 Erlaubnisvorbehalt
2.1.1 Eingreifen des Erlaubnisvorbehalts (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 4
Grundsätzlich ist der Träger einer Einrichtung, in der Minderjährige ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, nach Abs. 1 Satz 1 erlaubnispflichtig. Es handelt sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Gusy, JA 1981 S. 80). Träger einer Einrichtung kann sowohl eine natürliche Person als auch eine juristische Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts oder auch eine Personengemeinschaft sein (Busse, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 45 Rz. 29 m. w. N.). Auch staatliche Träger sind erlaubnispflichtig (Mörsberger, in: Wiesner, SGB VIII, § 45 Rz. 13). Der Begriff der Einrichtung ist in dem mit dem KJSG eingeführten § 45a gesetzlich definiert. Auf diese Vorschrift verweist Abs. 1 Satz 1.
2.1.2 Ausnahmen (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 5
Nach Abs. 1 Satz 2 sind einige Einrichtungen vom Erlaubnisvorbehalt freigestellt. Die dort genannten Einrichtungen können also ohne Erlaubnis betrieben werden.
Satz 2 Nr. 1 befreit Jugendfreizeiteinrichtungen, Jugendbildungseinrichtungen, Jugendherbergen und Schullandheime von der Erlaubnispflicht. Jugendfreizeiteinrichtungen und Schullandheime werden dabei erlaubnisfrei gestellt, weil sie bereits der Kontrolle nach anderen Rechtsvorschriften unterliegen. Bei Jugendherbergen besteht kein Schutzbedürfnis, das einen Erlaubnisvorbehalt rechtfertigen würde, weil sich Minderjährige dort regelmäßig nur vorübergehend aufhalten (BT-Drs. 11/5948 S. 84). Gleiches gilt für Jugendbildungseinrichtungen. In Schullandheimen halten sich vorübergehend Schulklassen auf. Sie werden von den Lehrkräften beaufsichtigt, die dafür Verantwortung tragen.
Nach Satz 2 Nr. 2 können Schülerheime ohne Erlaubnis betrieben werden, sofern wegen der landesrechtlichen Schulaufsicht eine ausreichende Kontrolle sichergestellt ist.
Satz 2 Nr. 3 stellt solche Einrichtungen erlaubnisfrei, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben (vgl. § 2) für Minderjährige wahrnehmen und einer entsprechenden gesetzlichen Aufsicht unterliegen. Mit anderweitiger gesetzlicher Aufsicht ist eine solche gemeint, die ebenfalls das Wohl der Minderjährigen sicherstellt, z. B. die Aufsicht über die Unterbringung in Heimen des Arbeitgebers nach § 30, § 51 JArbSchG (BT-Drs. 11/5948 S. 84).
2.2 Anspruch auf Erlaubniserteilung (Abs. 2)
Rz. 6
Die Erteilung der Betriebserlaubnis setzt voraus, dass das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Der Begriff der Gewährleistung des Wohls der Kinder und Jugendlichen in Abs. 2 einerseits und der Begriff des Kindeswohls in § 1666 BGB anderseits ist unterschiedlich zu interpretieren. Im Erlaubnisverfahren nach § 45 sind die Rahmenbedingungen in der Einrichtung unter dem Gesichtspunkt möglicher Gefahrenquellen zu bewerten. Maßgeblich ist "das Wohl der Kinder und Jugendlichen" generell; der Gesetzgeber hat insoweit den Plural gewählt. Die Behörde tritt im Erlaubnisverfahren in typischer Weise ordnungsbehördlich auf. Sie hat sich in ihrer präventiven Funktion um mögliche Gefahrenquellen zu kümmern. Bei der Erlaubniserteilung ist demnach zu prüfen, ob eine abstrakte Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, während für die nachträgliche Aufhebung der Erlaubnis nach Abs. 7 Satz 2 eine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegen muss. Der Begriff der Kindeswohlgefährdung in § 1666 BGB ist in Abgrenzung dazu in einem familienrechtlichen Kontext zu sehen (OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 19.5.2022, 3 KN 5/17).
Rz. 6a
Mit der Neufassung von Abs. 2 durch das BKiSchG stellt der nunmehr positiv gefasste Erlaubnistatbestand dies in Satz 1 fest. Wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 und 3 erfüllt sind, hat der Träger einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. Dieser Rechtsanspruch greift ab Antragstellung (VG Weimar, Urteil v. 31.8.2004, 8 K 195/98). Ferner trägt der Jugendhilfeträger die Beweislast im Falle der Versagung (BT-Drs. 11/5948 S. 83 für § 44). Er muss ggf. nachweisen, dass Umstände vorliegen, die die Ablehnung der beantragten Betriebserlaubnis rechtfertigen. Er muss also konkrete Tatsachen benennen, die den Schluss zulassen, dass im Einzelfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, das Kindeswohl sei in der Einrichtung in absehbarer Zeit nicht (mehr) gewährleistet. Die in Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 festgelegten Kriterien konkretisieren den Begriff des Kindeswohls und dienen so der Vereinheitlichung der häufig schwierigen Auslegungspraxis, ohne allerdings den Begriff abschließend zu definieren (BT-Drs. 15/5616 S. 26 und BT-Drs. 17/6256 S. 23). Der Rechtsanspruch des Einrichtungsträgers auf Erteilung einer Betriebserlaubnis lässt für Steuerungserwägungen des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe keinen Raum. Das Verfahren der Erlaubniserteilung darf nicht als Mittel zur Durchsetzung einer besseren Einrichtungsqualität eingesetzt werden (OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 19.5.2022, 3 KN 5/17). Das Wohl der Kinder und Jugendlichen ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (Mörsberger, in: Wiesner, SGB VIII, § 45 Rz. 53).
2.2.1 Regelbeispiele für die Gewährleistung des Kindeswohls
Rz. 7
Gemäß Abs. 2 Sa...