Rz. 8
Nr. 1 benennt positiv formuliert die Zuverlässigkeit des Trägers als Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis. Während vor der Einführung der neuen Nr. 1 durch das KJSG die Prüfung zur Erteilung der Betriebserlaubnis rein einrichtungsbezogen erfolgte, wird mit dem KJSG die Eignung des Trägers im Sinne seiner Zuverlässigkeit als zusätzliches Kriterium zur Voraussetzung für die Erteilung in den Katalog des Abs. 2 aufgenommen. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass ein unzuverlässiger Träger ein an sich beanstandungsfreies Konzept für eine Einrichtung vorlegt, das den Maßgaben des geltenden Abs. 2 entspricht, mit der Folge, dass die Betriebserlaubnis zu erteilen wäre. Die Voraussetzung nach Nr. 1 ist auch dann zu prüfen, wenn bei Inkrafttreten des KJSG am 10.6.2021 bereits eine bestandskräftige Betriebserlaubnis vorlag. Ggf. kommt in einem solchen Fall eine Aufhebung nach Abs. 7 in Betracht (BT-Drs. 19/26107 S. 97). Der unbestimmte Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit wird im Wirtschaftsverwaltungsrecht in bei solchen erlaubnispflichtigen Gewerben als gesetzliche Voraussetzung benannt, bei denen die Erlaubnisnehmer bei der Berufsausübung eine Verantwortung für die Personen übernehmen, denen gegenüber sie Leistungen erbringen (z. B. im Apothekengesetz, im Kreditwesengesetz, in der Gewerbeordnung, im Gaststättengesetz und im Personenbeförderungsgesetz). Nach der allgemein anerkannten Definition ist zuverlässig, wer die Gewähr dafür bietet, dass er die genehmigte Tätigkeit ordnungsgemäß ausführen wird.
Rz. 9
Das Tatbestandsmerkmal erfordert eine Prognose, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Eine langjährige Rechtsprechung unter Bildung von Fallgruppen, an die grundsätzlich auch für die Betriebserlaubnisprüfung nach dem SGB VIII angeknüpft werden kann, hat dem Zuverlässigkeitserfordernis Kontur verliehen. Entfällt die erforderliche Zuverlässigkeit nach Erteilung der Betriebserlaubnis, greift das Instrumentarium des Abs. 7, da sich dieser auf die Erteilungsvoraussetzungen des Abs. 2 bezieht (BT-Drs. 19/26106 S. 97). Bereits vor Inkrafttreten des KJSG hatte die Rechtsprechung die Zuverlässigkeit des Trägers der Einrichtung als ungeschriebene Voraussetzung für die Erteilung der Betriebserlaubnis geprüft und dies damit begründet, dass die Unzuverlässigkeit des Trägers Widerruf und Rücknahme der Betriebserlaubnis rechtfertigen kann (VG Saarland, Urteil v. 11.5.2012, 3 K 231/11). An der Zuverlässigkeit fehle es z. B., wenn der Träger seine Informationspflichten gegenüber der Erlaubnisbehörde verletzt, indem er sich in einem zentralen Punkt die Entscheidung darüber anmaßt, was dem Wohle der in der Einrichtung untergebrachten Kinder und Jugendlichen entspricht (VG Saarland, Urteil v. 22.2.2006, 10 K 61/05: Nichtmitteilung einer schweren Verhaltensstörung und einer Straftat des im Heim lebenden Adoptivkindes des Trägers). Eine Negativabgrenzung normiert Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3. Dort werden in Regelbeispielen Verhaltensweisen aufgeführt, die "insbesondere" die Unzuverlässigkeit des Trägers begründen (vgl. dazu Rz. 17).