2.1 Voraussetzungen der Untersagung
Rz. 3
Die Tätigkeitsuntersagung setzt zunächst voraus, dass es sich um eine Einrichtung i. S. d. § 45 Abs. 1 handelt, die erlaubnispflichtig ist (dazu: § 45 Abs. 1 Satz 2). Sie kann in Bezug auf die weitere Beschäftigung des Leiters, eines Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiters ausgesprochen werden, also gegenüber allen, die in der Einrichtung tätig sind. Entscheidend für die Tätigkeitsuntersagung ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Mitarbeiter die für seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt. Die Eignungsaussage bezieht sich auch hier – wie bei der Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45 – auf die Einhaltung von Mindeststandards und ist abhängig von den Erfordernissen der konkreten Tätigkeit. Allgemein gilt der Grundsatz, dass mit Zunahme des Anspruchs der konkreten Tätigkeit die Anforderungen an die Eignung der Kräfte wachsen, weswegen beispielsweise die Eignung bei einem Leiter anders zu beurteilen ist als bei einer reinen Beaufsichtigungskraft (Lakies, NDV 1991 S. 226, 229). Sie beinhaltet sowohl die fachliche Qualifikation als auch die persönliche Zuverlässigkeit (BT-Drs. 11/5948 S. 85). Die Frage der fachlichen Eignung hat dabei insbesondere hinsichtlich neu eingestellter Mitarbeiter Relevanz, weil sie für die anderen bereits bei der Erteilung der Betriebserlaubnis geprüft wurde. Die persönliche Zuverlässigkeit kann insbesondere durch ein Fehlverhalten des Mitarbeiters infrage gestellt sein. Für die fehlende Eignung müssen aber jeweils Tatsachen vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Hierzu reichen bloße Vermutungen nicht. Es bedarf objektiver Umstände und einer darauf gründenden Abwägung. Aus den objektiven Umständen muss sich der logische Schluss auf die fehlende Eignung (Kindswohlgefährdung) ziehen lassen, wobei mit Zunahme des drohenden Schadens die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit sinken. Dies berücksichtigend reicht der bloße, wenn auch begründete Verdacht des sexuellen Missbrauchs gegenüber einem Mitarbeiter für eine endgültige Tätigkeitsuntersagung nach § 48 nicht aus. Hier kann die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe aber vorläufig als nachträgliche Auflage nach § 45 Abs. 4 Satz 2 untersagt werden (OVG NRW, Beschluss v. 8.10.1992, 24 B 2679/92, Jugendwohl 1999 S. 425). Insgesamt zielt die Tätigkeitsuntersagung nach § 48 also auf eine endgültige Maßnahme (OVG NRW, a. a. O.). Sie kann ferner nur gegenüber dem Träger der Einrichtung, nicht aber gegenüber der einzelnen Einrichtung oder dem Mitarbeiter ausgesprochen werden.
2.2 Ermessen
Rz. 4
Die Tätigkeitsuntersagung unterliegt sowohl hinsichtlich des "Ob" als auch des "Wie" dem Ermessen der zuständigen Behörde. Ausgangspunkt aller Ermessensüberlegungen ist dabei immer der Grad der Kindswohlgefährdung, der mit der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit abgewogen werden muss (OVG Sachsen, Beschluss v. 25.9.2009, 1 B 379/08). Je schwerwiegender und aktueller die Gefährdung ist, desto mehr reduziert sich das Ermessen der Behörde, überhaupt einzuschreiten. Bei der Frage des "Wie" sind zum einen die übrigen betriebsaufsichtlichen Möglichkeiten in den Blick zu nehmen, vor allem die Beratung oder andere nachträgliche Auflagen, die weniger einschneidend sind. Reichen diese zur Sicherung des Kindswohls nicht aus, so kann die Tätigkeitsuntersagung der Rücknahme und dem Widerruf der Betriebserlaubnis mit Blick auf die in der Einrichtung untergebrachten Minderjährigen vorzuziehen sein; diese müssten sonst aus ihrer gewohnten Umgebung herausgenommen werden. Erweist sich die Tätigkeitsuntersagung als dem Grunde nach geeignetes Mittel zur Sicherung des Kindeswohls, so muss diese ihrerseits verhältnismäßig sein. Das heißt, die Behörde muss entscheiden, ob das Kindswohl dadurch sichergestellt wird, dass der Mitarbeiter aus bestimmten Funktionen oder Tätigkeiten ausgeschlossen wird oder die Untersagung der Beschäftigung in der Einrichtung insgesamt erforderlich ist.
2.3 Verfahren
Rz. 5
In sachlicher Hinsicht ist nach § 85 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 und 5 das Landesjugendamt bzw. die nach Landesrecht bestimmte Behörde zuständig. In örtlicher Hinsicht ist nach § 87a Abs. 2 entscheidend, in wessen Zuständigkeitsbereich die Einrichtung gelegen ist.
Vor Erlass der Tätigkeitsuntersagung sind sowohl der Einrichtungsträger als auch der betroffene Mitarbeiter gemäß § 24 Abs. 1 SGB X anzuhören; auch Letzterer ist in seinen Rechten betroffen. Die Tätigkeitsuntersagung begründet zwar kein allgemeines Tätigkeitsverbot (BT-Drs. 11/5948 S. 85), führt aber zumindest zu einer Beschränkung des konkreten Beschäftigungsverhältnisses bzw. kann – wegen der Schwere des Fehlverhaltens oder fehlender Umsetzungsmöglichkeiten – das Recht zu einer (außerordentlichen) Kündigung begründen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug notwendig erscheint, § 24 Abs. 2 Nr. 1 SGB X.
2.4 Rechtsschutz
Rz. 6
Gegen die Tätigkeitsuntersagung kann zunächst der Einrichtungsträger Widerspruch und b...