Rz. 15
Wie aus den vorangehenden Ausführungen hervorgeht, besteht ein öffentlich-rechtlicher Anspruch des Leistungsberechtigten gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe, soweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen nach dem SGB VIII gegeben sind. Da nicht der öffentliche, sondern der vom Leistungsberechtigten gewünschte freie Träger die Dienstleistung erbringen soll, hat der Leistungsberechtigte gegenüber dem öffentlichen Träger einen Anspruch auf Geldleistung, d. h. auf Übernahme der entstehenden Kosten. Anders als im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung normiert das SGB VIII keinen Sachleistungs- sondern einen Kostenerstattungsanspruch. Dem entsprechend entsteht zwischen dem Leistungsberechtigten und dem freien Träger ein privatrechtliches Schuldverhältnis, wonach der freie Träger die vereinbarte Dienstleistung zu erbringen und der Leistungsberechtigte die vereinbarte Vergütung zu zahlen hat. Zwischen dem öffentlichen Träger und dem freien Träger der Jugendhilfe würde danach keinerlei rechtliche Beziehung bestehen. Dies sieht in der Praxis indes zumeist anders aus. Vielfach enthalten die zwischen den öffentlichen und privaten Trägern geschlossenen Vereinbarungen Regelungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote (§ 78b Abs. 1 Nr. 1) und/oder über Entgelte (§ 78b Abs. 1 Nr. 2). Die Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 legen somit den Vertragsgegenstand fest. Falls eine solche Vereinbarung nicht besteht, muss dies der einzelvertraglichen Vereinbarung vorbehalten bleiben. Entsprechendes gilt für die Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 Nr. 2.
Rz. 16
Unabhängig davon spielt die einzelfallbezogene Kostenzusage des öffentlichen Trägers gegenüber dem freien Träger eine große Rolle. Sie stellt rechtlich einen Schuldbeitritt dar. Umstritten ist, ob diese Rechtsbeziehung dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Während ein Teil der Literatur (Schmitt, ZjSH/SGB 1985, 157) eine privatrechtliche Beziehung annimmt, sieht die Rechtsprechung (OLG Oldenburg, Urteil v. 20.5.1992, 2 U 29/92) die Rechtsbeziehung als öffentlich-rechtlich geprägt an. Sie bestehe darin, dem Leistungsberechtigten geschuldete Leistungen zu beschaffen. Wenngleich derartige Beschaffungsverträge auch privatrechtlicher Natur sein können, sei das zur Beurteilung stehende Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht zuzuordnen, weil es sich nicht um den Zugriff des öffentlichen Trägers auf einen durch Angebot und Nachfrage regulierten freien Markt handele. Vielmehr müsse die in Anspruch genommene Einrichtung bestimmten sozialen und pädagogischen Anforderungen genügen, damit der Zweck der zu gewährenden Hilfe erfüllt werden könne.
Rz. 17
In der Kostenzusage muss notwendigerweise definiert werden, für welche Leistungen diese erfolgen soll. Dazu gehört eine Bezugnahme oder eine gesonderte Definition des inhaltlichen und zeitlichen Umfangs der zu entgeltenden Dienstleistungen. Sie erlaubt es festzustellen, ob und inwieweit die zu entgeltende Leistung erbracht wurde.