2.1 Die Ersetzung der Einwilligung der Eltern
2.1.1 Einwilligungserfordernis
Rz. 3
Gemäß § 1747 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zur Annahme eines Kindes die Einwilligung der Eltern und gemäß § 1746 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, kann gemäß § 1746 Abs. 1 Satz 2 BGB nur sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Gemäß § 1750 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Einwilligung gegenüber dem Familiengericht zu erklären. Sie bedarf gemäß Abs. 1 Satz 2 der notariellen Beurkundung. Die Einwilligung eines Elternteils ist nur dann gemäß § 1747 Abs. 4 BGB nicht erforderlich, wenn dieser dauerhaft geschäftsunfähig oder sein Aufenthalt unbekannt ist. Wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind und keine Sorgeerklärungen abgegeben haben, sind die Besonderheiten nach § 1747 Abs. 3 BGB zu beachten. Falls die Vaterschaft nicht festgestellt oder wirksam angefochten ist (vgl. § 1592 BGB), gilt gemäß § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB als Vater, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat (§ 1600d Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Einwilligung kann gemäß § 1747 Abs. 2 Satz 1 BGB frühestens erteilt werden, wenn das Kind 8 Wochen alt ist. Damit sollen Frühadoptionen verhindert werden.
Rz. 3a
Gemäß Abs. 1 Satz 1 hat das Jugendamt den Elternteil zu beraten, dessen Einwilligung durch das Familiengericht ersetzt werden soll. Elternteile sind die Mutter und der rechtliche Vater des Kindes. Rechtlicher Vater ist gemäß § 1592 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB oder § 182 Abs. 1 FamFG gerichtlich festgestellt ist. Der leibliche, aber nicht rechtliche Vater, der die Voraussetzung nach § 1600d Abs. 2 Satz 1 BGB glaubhaft macht, hat jedenfalls Anspruch auf Beratung nach Abs. 1. Vater i. S. v. § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch ein (nicht anonymer) Samenspender sein (BGH, Beschluss v. 10.4.2013, IV ZR 38/12; Urteil v. 8.4.2015, IV ZR 103/15). Ein solcher leiblicher Vater hat unter Umständen kein geringeres Interesse daran, die Adoption des Kindes zu verhindern, als ein Mann, der ein Kind in einer flüchtigen Begegnung auf natürlichem Wege gezeugt hat (Wiesner/Wapler/Wapler, 6. Aufl. 2022, SGB VIII, § 51 Rz. 11).
2.1.2 Ersetzung der Einwilligung
Rz. 4
Die Ersetzung der Einwilligung in die Annahme als Kind ist der weitestgehende Eingriff in das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Elternrecht. Daher sind die Voraussetzungen für die Ersetzung in § 1748 BGB abschließend geregelt. Das BVerfG hat die Regelungen für verfassungsmäßig erachtet (BVerfG, Entscheidung v. 29.7.1968, 1 BvL 20/63, 1 BvL 31/66 zu § 1748 Abs. 3 BGB a. F.). In bestimmten Fällen hat das Familiengericht gemäß § 1748 Abs. 1 und 3 BGB auf Antrag des Kindes die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen oder es kann sie ersetzen. Das Kind bedarf ebenso wie bei der Einwilligung auch für diesen Antrag der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, soweit es nicht uneingeschränkt geschäftsfähig ist. Soweit es geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, kann nur der gesetzliche Vertreter die Einwilligung erteilen (§ 1746 Abs. 1 Satz 2 BGB). Falls das Kind unter elterlicher Sorge steht, muss das Familiengericht einen Ergänzungspfleger als gesetzlichen Vertreter bestellen.
Rz. 5
Das Familiengericht hat gemäß § 1748 Abs. 1 und 3 BGB die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, wenn
Rz. 6
Als weitere Voraussetzung muss in beiden Fällen das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen. Gemäß § 1748 Abs. 1 Satz 2 BGB führt eine einmalige besonders schwere Pflichtverletzung ebenfalls zur Ersetzung der Einwilligung, wenn das Kind deshalb voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des Elternteils anvertraut werden kann. Ferner kann gemäß § 1748 Abs. 3 BGB die Einwilligung ersetzt werden, wenn der Elternteil wegen einer besonders schweren psychischen Krankheit oder einer besonders schweren geistigen oder seelischen Behinderung zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und wenn das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre.
2.1.3 Ersetzungsverfahren
Rz. 7
Das Ersetzungsverfahren gehört gemäß § 186 Nr. 2 FamFG zu den Adoptionssachen. Das Familiengericht entscheidet über den Ersetzungsantrag unter Beteiligung des Jugendamtes und dessen Anhörung (§§ 188, 194 FamFG) in einem Zwischenverfahren. Es führt dazu die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durch und erhebt die geeignet erscheinenden Beweise.
2.2 Belehrungspflichten des Jugendamtes
2.2.1 Anlass zur Belehrung
Rz. 8
Gemäß Abs. 1 Satz 1 hat das Jugendamt im Ersetzungsverfahren die nach § 1748 Abs. 2 Satz 1 BGB vorgeschriebene Belehrung vorzunehmen. Nach letzterer Vorschrift darf wegen Gleichgültigkeit (§ 1748 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB), die nicht zugleich eine anh...