2.1 Anerkennung als Vormundschaftsverein
Rz. 3
Gemäß Abs. 1 besteht für einen rechtsfähigen Verein ein Rechtsanspruch auf Anerkennung als Vormundschaftsverein, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 und ggf. weitere Voraussetzungen nach Landesrecht (Abs. 4 Satz 2) erfüllt werden. Es handelt sich demnach um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (so auch: Hoffmann, in: Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 54 Rz. 3). Obwohl die ab 1.1.2023 geltende Regelung anders als zuvor als Kannvorschrift normiert ist, dürfte für den Vormundschaftsverein ein Rechtsanspruch auf Anerkennung bestehen, wenn er die Voraussetzungen nach Abs. 1 und die weiteren Voraussetzungen nach Landesrecht erfüllt. Das "kann" dürfte sich nicht auf das "ob" sondern auf das "wie" der Erlaubniserteilung beziehen. Diese kann mit Nebenbestimmungen und Auflagen (§ 32 SGB X) versehen werden. Die Anerkennung bzw. deren Ablehnung erfolgt durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X). Im Falle der Ablehnung ist nach Durchführung des Vorverfahrens (§ 68 VwGO) die Verpflichtungsklage statthaft (§ 42 VwGO).
Rz. 4
Abs. 1 übernimmt als Anerkennungsvoraussetzungen im Wesentlichen die in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung von Abs. 2 geregelten Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis. Das Landesjugendamt als überörtlicher Träger der Jugendhilfe prüft diese Voraussetzungen anhand der Vereinssatzung und vor allem durch eine Prüfung des Personalbestandes sowie der sächlichen und finanziellen Ausstattung des Vereins. Im Einzelnen muss der Verein gewährleisten,
Rz. 5
- dass er eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern hat, die als Pfleger oder als Vormund geeignet sind (Nr. 1).
Dabei ist unerheblich, ob es sich um Vereinsmitglieder oder um Angestellte des Vereins handelt. Die Eignung muss sich auf die Aufgabenerfüllung beziehen und kann sich durch deren Aus- und Fortbildung oder deren bisherige berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit erweisen lassen.
Rz. 6
- dass er die Mitarbeiter beaufsichtigt und weiterbildet (Nr. 1).
Dieses Kriterium kann nur anhand der individuellen Struktur des Vereins geprüft werden. Danach müssen konkrete Vorkehrungen zur Beaufsichtigung vom Verein vorgehalten werden. Geeignete Weiterbildungsmaßnahmen müssen entweder vereinsintern angeboten oder die Weiterbildung extern gewährleistet werden.
Rz. 7
- dass er die Mitarbeiter gegen Schäden, die sie anderen im Rahmen ihrer Tätigkeit zufügen können, angemessen versichert (Nr. 1).
Für Schäden, die Mitarbeiter dem Mündel oder anderen Personen zufügen, haftet der Verein gemäß § 1794 Abs. 1 Satz 3 BGB i. V. m. § 1826 Abs. 3 BGB selbst. Da der Gesetzgeber jedoch den Vorrang der Einzelvormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft favorisiert, wobei auch Vereinsmitglieder oder Angestellte in dieser Rechtsform tätig werden können, erklärt sich das Erfordernis, diese Mitarbeiter als Einzelpersonen zu versichern.
Rz. 8
- dass die als Vereinspfleger oder Vereinsvormund bestellten Mitarbeiter höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Pflegschaften oder Vormundschaften führen (Nr. 2).
Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis. Gemäß § 1780 BGB ist der Vereinsvormund verpflichtet, dem Familiengericht Auskunft über die Anzahl und den Umfang der bereits zu führenden Vormundschaften und Pflegschaften zu erteilen.
Rz. 9
- dass er sich planmäßig um die Gewinnung von ehrenamtlichen Pflegern und Vormündern bemüht und sie in ihre Aufgaben einführt, fortbildet und berät (Nr. 3).
Dies korrespondiert mit dem in § 1779 Abs. 2 BGB normierten Vorrang der ehrenamtlichen Aufgabenwahrnehmung als Vormund oder Pfleger, der einen Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern ermöglicht (Nr. 4). Dies kann durch regelmäßige Teamsitzungen, Arbeitsbesprechungen, Supervision usw. gewährleistet werden (Hoffmann, in: Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 54 Rz. 7). Parallel zu § 1774 Abs. 1 Nr. 3 BGB sieht § 54 Abs. 1 Satz 1 die Übernahme von Pflegschaften und Vormundschaften durch rechtsfähige Vereine vor. Die Rechtsfähigkeit des Vereins ist deshalb Voraussetzung für das Tätigwerden, weil nur ein rechtsfähiger Verein gemäß § 31 BGB als juristische Person haftet, wie es § 1794 Abs. 1 BGB für die Person des Vormunds verlangt. Für den Pfleger gilt gemäß § 1913 Abs. 1 BGB Entsprechendes. Ein Verein erlangt gemäß § 21 BGB die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Gemäß § 1774 Abs. 1 BGB, § 1913 Abs. 1 BGB gilt auch hier der Vorrang der Einzelvormundschaft und der Einzelpflegschaft. Ein Verein kann danach nur dann zum Vormund oder zum Pfleger bestellt werden, wenn eine als ehrenamtlicher Einzelvormund bzw. Einzelpfleger geeignete Person nicht vorhanden ist oder wenn er nach § 1776 BGB von den Eltern des Mündels als Vormund bzw. als Pfleger berufen ist.
2.2 Geltungsbereich
Rz. 10
Die Erlaubnis gilt für das Bundesland, in dem der Verein seinen Sitz hat. Dies gilt auch für die Bundesländer, in denen mehrere Landesjugendämter eingerichtet sind (z. B. Nordrhein-Westfalen). Die Erlaubn...