2.1 Aufgabenwahrnehmung durch das Jugendamt
Rz. 3
Gemäß Abs. 1 wird das Jugendamt Beistand, Pfleger oder Vormund, nicht der örtliche Träger oder ein Mitarbeiter des Jugendamtes. Der Bundesgesetzgeber wollte nicht in die Personalhoheit des Jugendamtes als Teil der kommunalen Selbstverwaltung eingreifen (vgl. BT-Drs. 19/24445 S. 189 zu § 1774 BGB). Das Jugendamt regelt selbst die Aufgabenwahrnehmung durch seine Mitarbeiter als Fachkräfte. Auch hier ist zu beachten, dass gemäß § 56 Abs. 1 auf die Führung der Beistandschaft, der Pflegschaft und der Vormundschaft durch das Jugendamt die Bestimmungen des BGB anzuwenden ist, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Mithin handelt die jeweilige Fachkraft als gesetzlicher Vertreter nach den Vorschriften des BGB. Sowohl das Innenverhältnis zwischen Jugendamt und Mündel als auch die Rechtsbeziehung zwischen der Fachkraft und dem Mündel sind zivilrechtlich ausgestaltet. Außerhalb des Handelns als Beistand, Pfleger oder Vormund nach Vorschriften des BGB sind sozialverwaltungsrechtliche Regelungen maßgeblich.
2.2 Beistandschaft
Rz. 4
Gemäß § 1712 Abs. 1 BGB wird das Jugendamt auf schriftlichen Antrag eines Elternteils Beistand des Kindes. Als Aufgaben weist das Gesetz ihm die Feststellung der Vaterschaft und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie die Verfügung über diese Ansprüche zu. Ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der Beistand berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtigen Geleisteten den Dritten zu befriedigen. Der Antrag des Elternteils kann auf einzelne Aufgaben beschränkt werden. Das Sorgerecht der Eltern wird nicht eingeschränkt (§ 1716 BGB), sodass das Jugendamt als Beistand neben den Eltern und nur für die genannten Aufgaben vertretungsberechtigt ist. Im familiengerichtlichen Verfahren wird das Kind jedoch allein durch das Jugendamt vertreten. Die Vertretung durch den sorgeberechtigten Elternteil ist ausgeschlossen (§§ 173, 234 FamFG).
2.2.1 Dauer der Beistandschaft
Rz. 5
Während die Amtspflegschaft kraft Gesetzes eintrat, ist die Beistandschaft als Hilfsangebot an die Eltern konzipiert. Gemäß § 52a Abs. 1 hat das Jugendamt unverzüglich nach der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, der Mutter Beratung und Unterstützung anzubieten (vgl. die Komm. zu § 52a). Das Jugendamt wird gemäß § 1712 Abs. 1 BGB auf schriftlichen Antrag eines Elternteils Beistand des Kindes. Die Antragsbefugnis ist ein höchstpersönliches Recht. Sie ist gemäß § 1713 Abs. 1 BGB daran geknüpft, dass dem Antragsteller die elterliche Sorge zusteht (zum Begriff der elterlichen Sorge vgl. Komm. zu § 17 Rz. 29 bis 99). Sind beide Elternteile sorgeberechtigt, so ist der Elternteil antragsbefugt, in dessen Obhut sich das Kind befindet, wobei diesem Elternteil dann die Beweislast für die eigene tatsächliche Fürsorge des Kindes obliegt. Lebt das Kind hingegen im Einvernehmen beider Elternteile in einer eigenen Wohnung, ist die Einrichtung einer Beistandschaft nicht möglich. Die Beistandschaft tritt gemäß § 1714 Satz 1 BGB ein, sobald der Antrag dem Jugendamt zugeht. Der Antrag kann bereits vor der Geburt des Kindes gestellt werden. Dann tritt eine vorgeburtliche Beistandschaft ein.
2.2.2 Antragsberechtigte
Rz. 6
Antragsberechtigt sind gemäß § 1713 Abs. 1 BGB:
- der Elternteil, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zusteht oder zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre,
- wenn die elterliche Sorge für das Kind den Eltern gemeinsam zusteht, der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet,
- ein ehrenamtlicher Vormund sowie eine Pflegeperson, der nach § 1630 Abs. 3 BGB Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden,
- nach § 1713 Abs. 2 BGB die werdende Mutter auch dann, wenn das Kind, sofern es bereits geboren wäre, unter Vormundschaft stünde,
- die in der Geschäftsfähigkeit beschränkte werdende Mutter selbst, sie bedarf dazu nicht der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters,
- der gesetzliche Vertreter einer geschäftsunfähigen werdenden Mutter.
2.2.3 Beendigung der Beistandschaft
Rz. 7
Die Beistandschaft endet gemäß § 1715 BGB, wenn der Antragsteller dies schriftlich verlangt oder wenn er die Antragsberechtigung verliert. Die Beistandschaft tritt gemäß § 1717 Satz 1 BGB nur ein, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Sie ist nicht auf Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit begrenzt, sondern kann auch für ausländische Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland angewendet werden. Art. 21 EGBGB bestätigt diesen Befund. Danach unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen einem Kind und seinen Eltern dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2.2.4 Aufgabengebiete der Beistandschaft
Rz. 8
Die Aufgabenbereiche der Beistandschaft sind in § 1712 Abs. 1 BGB aufgeführt. Sie erstreckt sich auf die Feststellung der Vaterschaft und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes einschließlich der Ansprüche auf eine anstelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung sowie die Verfügung über diese Ansprüche; ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der Beistand berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtig...