2.7.1 Aufgabenübertragung
Rz. 17
Die Ausführung des Amtes und der sich daraus ergebenden Aufgaben als Beistand, Pfleger oder Vormund – nicht das Amt selbst – wird gemäß Abs. 2 Satz 1 auf die Beamten und Angestellten des Jugendamtes übertragen. Entsprechend dem Wortlaut des Abs. 1 wird das Jugendamt Beistand, Pfleger oder Vormund (auch als Legalbeistand, Legalpfleger, Legalvormund bezeichnet), nicht der jeweilige mit der Ausübung betraute Beamte oder Angestellte (auch als Realbeistand, Realpfleger, Realvormund bezeichnet). Es findet also keine Delegation statt. Vielmehr nimmt der Beamte oder Angestellte die Aufgaben als Amtswalter für das Jugendamt wahr. Die Übertragung des Amtes stellt einen Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X dar. Sie hat Außen- und Regelungswirkung. Adressat ist das Kind als Mündel (Fröschle, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 55 Rz. 22). Die in Abs. 2 Satz 3 vorgesehene Anhörung verdeutlicht dies. Die Übertragung des Amtes an eine Honorarkraft oder einen externen Vormundschaftsverein ist nicht zulässig. Bei der Auswahl des Bediensteten sind die §§ 72, 72a zu beachten. Abs. 2 Satz 1 sieht zwingend die Übertragung auf eine bestimmte Person vor. Die Übertragung ist nach Abs. 4 Satz 1 eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung. Sie wird somit ohne Beteiligung des Jugendhilfeausschusses durch den Leiter der Verwaltung des Jugendamtes vorgenommen. Einzelne Aufgaben dürfen auf verschiedene Fachkräfte übertragen werden. Die Übertragung einer bestimmten Aufgabe auf verschiedene Fachkräfte ist aber unzulässig, da gemäß § 1790 Abs. 3 BGB der persönliche Kontakt des Vormunds oder Pflegers zum Mündel gewährleistet sein muss.
2.7.2 Auswahl der Fachkraft
Rz. 18
In Abs. 2 Satz 2 wird nunmehr die Beachtung der Grundsätze für die Auswahl durch das Familiengericht auch für die Auswahl des Bediensteten vorgesehen. Damit hat das Jugendamt den Bediensteten, dem es die Aufgaben des Amtspflegers oder Amtsvormunds übertragen wird, in entsprechender Anwendung von §§ 1778, 1779 Abs. 1, 1784 BGB auszuwählen (BT-Drs. 24445 S. 403). Gemäß § 1778 BGB sind bei der Auswahl insbesondere der Wille des Mündels, seine familiären Beziehungen, seine persönlichen Bindungen, sein religiöses Bekenntnis und sein kultureller Hintergrund, der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Eltern und die Lebensumstände des Mündels zu berücksichtigen. Gemäß § 1779 Abs. 1 BGB muss die betreffende Person nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen, ihren persönlichen Eigenschaften, ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert.
2.7.3 Rechtsstellung, Aufgaben und Pflichten des Mitarbeiters
Rz. 19
Nach der Aufgabenübertragung ist die Fachkraft gemäß Abs. 4 Satz 2 gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen. Damit wird ihr eine eigene Vollzugskompetenz zugewiesen. In der Aufgabenwahrnehmung ist der Beamte oder Angestellte nur eingeschränkt weisungsgebunden (Hoffmann, in: Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl., § 55 Rz. 62 mit Hinweis auf DIuF 2020 S. 145 und DIJuF 2017 S. 296 sowie Kunkel, FamRZ 2015 S. 901). Abs. 4 Satz 3 kennzeichnet Aufgaben und Pflichten der Fachkraft. Sie hat persönlichen Kontakt zum Mündel zu halten nach Maßgabe von § 1790 Abs. 3 BGB. Sie soll den Mündel i. d. R. einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten. Sie ist dazu berechtigt und verpflichtet. Die Fachkraft hat gemäß § 1790 Abs. 1 BGB als unabhängiger Vormund die Vormundschaft im Interesse des Mündels zu dessen Wohl zu führen. Sie hat gemäß § 1790 Abs. 2 BGB die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Mündels zu selbständigem und verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen und zu fördern. Sie hat Angelegenheiten der Personen- und der Vermögenssorge mit dem Mündel zu besprechen und ihn an Entscheidungen zu beteiligen, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist; Einvernehmen ist anzustreben. Sie soll bei ihrer Amtsführung im Interesse des Mündels zu dessen Wohl die Beziehung des Mündels zu seinen Eltern einbeziehen. Gemäß § 1795 Abs. 1 BGB nimmt sie die Personensorge wahr. Diese umfasst insbesondere die Bestimmung des Aufenthalts sowie die Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung des Mündels unter Berücksichtigung seiner Rechte aus § 1788 BGB. Sie ist auch dann für die Personensorge verantwortlich und hat die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten, wenn sie den Mündel nicht in ihrem Haushalt pflegt und erzieht. Die Gegenstände der Personensorge werden in § 1795 Abs. 1 BGB umschrieben.
2.7.4 Mitwirkungsrechte des Mündels
Rz. 20
Gemäß Abs. 2 Satz 3 wird dem Jugendamt die Pflicht zur Anhörung jedes einzelnen Pfleglings/Mündels vor Übertragung der Aufgaben des Pflegers/Vormunds auf eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des Jugendamtes auferlegt. Die Pflicht zur Anhörung soll die Interessen des Pfleglings/Mündels und s...