2.1 Anwendung der Bestimmungen des BGB
Rz. 3
Abs. 1 verweist für die Führung der Beistandschaft, der Vormundschaft und der Pflegschaft durch das Jugendamt als Generalverweisung unmittelbar auf die Bestimmungen des BGB, sofern das SGB VIII, hier insbesondere die Abs. 2 bis 4, nichts anderes bestimmt. Für die Beistandschaft sind im SGB VIII einschließlich der Abs. 2 bis 4, keine Sonderregelungen geschaffen worden, da sie bereits in § 1712 Abs. 1 BGB als eine konkret auf das Jugendamt ausgerichtete Beistandschaft geregelt ist. Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts gehören gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 11 zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe (vgl. die Komm. zu § 2 Rz. 11). Das Jugendamt handelt im Verhältnis zum Mündel (Kind oder Jugendlicher) hoheitlich (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss v. 21.5.2001, 4 K 607/01). Soweit das Jugendamt als Pfleger oder Vormund oder im Rahmen einer Beistandschaft im Außenverhältnis in Sorgerechtsangelegenheiten oder umgangsrechtlichen Angelegenheiten gegenüber Dritten auftritt oder das Kind vertritt, handelt es aufgrund kindschaftsrechtlicher Regelungen, also zivilrechtlich. Bei Schadensersatzansprüchen gegen das Jugendamt kommen Ansprüche aus Amtshaftung gemäß Art. 34 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht, soweit eine Amtspflichtverletzung gegenüber dem Dritten festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 2.4.1984, III ZR 149/85; Urteil v. 17.6.1999, III ZR 248/98).
2.2 Weitere Befreiungsregelungen bei Amtsvormundschaft/-pflegschaft; Landesrechtsvorbehalt
Rz. 4
Befreiungen sowohl für das Jugendamt als auch für Vormundschaftsvereine und Vereinsvormünder enthalten die §§ 1801 Abs. 1, 1859 Abs. 1 BGB. Abs. 2 regelt weitere Befreiungen. Gemäß § 1835 Abs. 5 BGB i. V. m. § 1798 Abs. 2 BGB hat das Jugendamt nicht die Befugnis, dann, wenn es das eingerichtete Vermögensverzeichnis für ungenügend hält, anzuordnen, dass das Vermögensverzeichnis durch die zuständige Betreuungsbehörde oder einen Notar aufgenommen wird. Gemäß § 1844 BGB i. V. m. § 1798 Abs. 2 BGB kann das Betreuungsgericht nicht anordnen, dass der Betreuer Wertgegenstände des Betreuten bei einer Hinterlegungsstelle oder einer anderen geeigneten Stelle zu hinterlegen hat. Gemäß Abs. 2 Satz 2 ist eine Genehmigung des Familiengerichts nicht erforderlich, wenn das Jugendamt als Pfleger oder Vormund Anlagegeld anders als auf einem Anlagekonto gemäß § 1841 Abs. 2 anlegt. Gemäß § 1848 BGB i. V. m. § 1795 Abs. Nr. 1 und 2 BGB ist eine Genehmigung durch das Familiengericht nicht erforderlich für den Abschluss eines Ausbildungsvertrages, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, und für einen auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrag, wenn der Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll. Landesrecht kann gemäß § 1862 Abs. 4 BGB i. V. m. § 1802 Abs. 2 BGB vorsehen, dass Vorschriften, welche die Aufsicht des Familiengerichts in vermögensrechtlicher Hinsicht sowie beim Abschluss von Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverträgen betreffen, gegenüber dem Jugendamt außer Anwendung bleiben.
2.3 Bereithalten/Anlage von Mündelgeld
Rz. 5
Gemäß Abs. 3 Satz 1 kann der Amtsvormund/-pfleger das Mündelgeld mit Genehmigung des Familiengerichts auf Sammelkonten des Jugendamtes bereithalten und anlegen, soweit eine Trennbarkeit und Rechnungslegung des Geldes einschließlich der Zinsen jederzeit gewährleistet ist. Die Genehmigung steht im Ermessen des Familiengerichts. Dabei hat es darauf zu achten, dass das Bereithalten sowie die Anlegung den Interessen des Mündels dient. Sollte dies nicht der Fall sein, darf die Genehmigung nicht erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass eine Genehmigung des Familiengerichts nicht erforderlich ist (Abs. 3 Satz 1, letzter HS).
Rz. 6
Unter dem in Abs. 3 verwendeten Begriff des "Mündelgeldes" sind alle zum Vermögen des Mündels gehörende Gelder zu verstehen, die nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitgehalten werden (vgl. auch die ab 1.1.2023 geltenden Regelungen der §§ 1835 ff. BGB i. V. m. § 1798 Abs. 2 BGB). Unterhaltsbeiträge, die der Amtsvormund/-pfleger geltend macht, fallen nicht hierunter, da sie der Sicherstellung des Unterhalts des Mündels zu dienen bestimmt sind. Derartige Beträge darf der Amtsvormund/-pfleger deshalb auch nicht anlegen, sondern hat sie bereitzuhalten, um sie ggf. an die Person weiterleiten zu können, die mit der Erziehung des Mündels betraut ist.
Rz. 7
Die Anlegung von Mündelgeld ist nach Abs. 3 Satz 2 auch bei der Körperschaft zulässig, die das Jugendamt errichtet hat. Danach ist auch die Anlage von Mündelgeld bei der jeweiligen Stadt- oder Kreissparkasse zulässig, die zur selben Trägerkörperschaft gehören wie auch das Jugendamt. Die für den Amtsvormund/-pfleger geltende Sonderregelung ändert allerdings nichts an dem allgemeinen Grundsatz über die Anlegung von Mündelgeldern nach §§ 1806, 1807 BGB.