2.1.1 Zuständigkeit

 

Rz. 3

Die Urkundsperson (dazu Rn. 16 bis 18) beim Jugendamt beurkundet rechtgeschäftliche Erklärungen und Verpflichtungen Dritter, die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 aufgeführt sind. Die Aufzählung ist abschließend. Es handelt sich um eine öffentliche Beurkundung, bei der die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes (BeurkG, BGBl. I 1969 S. 1513) Anwendung finden. Die sachliche Zuständigkeit der Urkundsperson ist begrenzt auf diejenigen Beurkundungsfälle, in denen nicht durch gesonderte Vorschriften des BeurkG oder des BGB (z. B. § 128, § 1750 Abs. 1 Satz 2, § 1762 Abs. 3 BGB) die notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist. Örtlich zuständig ist gemäß § 87e die Urkundsperson bei jedem Jugendamt. § 59 normiert keine ausschließliche Zuständigkeit. Dies stellt Abs. 1 Satz 2 klar. Die übrigen gesetzlich zugelassenen Urkundspersonen und Stellen sind auch für Beurkundungen in den in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 9 aufgelisteten Fällen berechtigt, Beurkundungen vorzunehmen. Es handelt sich dabei um den Notar (§ 20 BNotO), den Standesbeamten (§ 29a, § 29b Abs. 3, § 31a PStG), das Amtsgericht (§ 62 BeurkG) und das Prozessgericht für die Anerkennung der Vaterschaft (§ 1564 BGB), die Zustimmung der Mutter (§ 1595 BGB) sowie den Widerruf der Anerkennung (§ 1597 BGB; § 180 FamFG).

2.1.2 Beurkundung und Beglaubigung

 

Rz. 4

Die Begriffe der Beurkundung und der Beglaubigung werden im Gesetz nicht definiert, sondern als bekannt vorausgesetzt. Die Beglaubigung stellt eine mindere Form der Beurkundung dar. Während jedoch mit der Beurkundung eine Willenserklärung aufgenommen und deren Inhalt beurkundet wird (vgl. §§ 8, 9 Abs. 1 Nr. 2 BeurkG, § 128 BGB), wird mit der Beglaubigung lediglich die Authentizität der Unterschrift, nicht aber der Inhalt der abgegebenen Erklärung beurkundet (vgl. §§ 39, 39a, 40 BeurkG), §§ 126, 129 BGB).

2.1.3 Durchführung der Beurkundung

 

Rz. 5

Bei der Beurkundung hat die Urkundsperson die Vorschriften des BeurkG zu beachten (vgl. § 1 Abs. 2 BeurkG). Danach muss eine Niederschrift über die Beurkundung aufgenommen werden (§ 8 BeurkG). Sie enthält neben der Erklärung selbst Feststellungen über Ort und Zeit der Verhandlung und die namentliche Bezeichnung der Urkundsperson und der erklärenden Personen. Zur Prüfung der Identität der Beteiligten, ihrer Geschäftsfähigkeit und Vertretungsberechtigung enthalten §§ 10 bis 12 BeurkG besondere Regelungen. Die Urkundsperson hat nach § 17 BeurkG Prüfungs- und Belehrungspflichten. Dies beinhaltet für die Beurkundungen nach § 59 die Pflicht, den wahren Willen der Beteiligten zu erforschen und sie über die Bedeutung und Tragweite der zu beurkundenden Erklärungen und Verpflichtungen zu belehren. Dabei ist die Urkundsperson zur Neutralität verpflichtet, d. h. die Interessen des Erklärenden bzw. des sich Verpflichtenden und die Interessen des Kindes sind gleichrangig zu beachten. Das Kindeswohl hat hier nicht den Vorrang. Die Niederschrift muss in Gegenwart der Urkundsperson den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt und unterschrieben werden (§ 13 BeurkG), auch die Urkundsperson muss unterschreiben. Für die Beteiligung behinderter Personen enthalten §§ 22 bis 26 BeurkG besondere Regelungen. Die Formalien bei der Behandlung der Urkunden sind in §§ 44 bis 52 BeurkG geregelt. Für die Beurkundungen durch die Urkundsperson des Jugendamtes werden keine Gebühren und Auslagen erhoben (§ 64 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

 

Rz. 6

Für Beurkundungen oder Beglaubigungen ist gemäß § 87e die Urkundsperson bei jedem Jugendamt zuständig (also nicht bei einem bestimmten örtlich und sachlich zuständigen). Ansonsten kommt auch die – allerdings gebührenpflichtige – Beurkundung durch den Notar in Betracht. Die Frage nach dem Rechtsweg für einen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung einer Beurkundung durch die Urkundsperson wird unterschiedlich beurteilt. Knittel (JAmt 2005, 440) sieht in Analogie zu § 15 Abs. 2 BNotO den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, da die Urkundsperson weisungsunabhängig tätig wird. Das LG Wuppertal (Beschluss v. 13.5.2005, 6 T 232/05) beurteilt die Ablehnung als Verwaltungsakt und hält den Verwaltungsrechtsweg für eröffnet. Die Beurkundung durch die Urkundsperson des Jugendamtes ist gemäß § 64 Abs. 1 SGB X kostenfrei, auch dann, wenn ein Dolmetscher hinzugezogen wird (Mauthe, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, § 59 Rz. 60). Für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit stellt § 55a KostO dies klar. Ein Verstoß gegen die dargestellten zwingenden Vorschriften des BeurkG sowie eine Beurkundung außerhalb der sachlichen oder funktionellen Zuständigkeit der Urkundsperson des Jugendamtes hat die Unwirksamkeit der Beurkundung zur Folge. Wird durch eine fehlerhafte Beurkundung ein Schaden verursacht, so haftet der Jugendhilfeträger nach den Regeln der Amtshaftung (Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB).

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