2.1 Leistungsberechtigte im Inland
2.1.1 Allgemeines
Rz. 3
Abs. 1 führt zunächst die in Betracht kommenden Leistungsberechtigten und Adressaten von Leistungen und anderen Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe auf, die nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften des SGB VIII anspruchsberechtigt sein können. Die verwendeten Begriffe werden in § 7 Abs. 1 Nr. 1 (Kind), Nr. 2 (Jugendliche), Nr. 4 (junge Menschen) und Nr. 5 (Personensorgeberechtigte) definiert. Allerdings sind in Abs. 1 Satz 1 als Mütter und Väter auch Adoptiveltern erfasst. Erziehungsberechtigte werden nicht gesondert genannt, da diese Berechtigung vom Personensorgerecht umfasst ist. Abs. 1 Satz 1 betrifft die in § 2 Abs. 2 genannten Leistungen der Jugendhilfe, Abs. 1 Satz 2 die in § 2 Abs. 3 genannten anderen Aufgaben der Jugendhilfe.
2.1.2 Tatsächlicher Aufenthalt
Rz. 4
Nach dem Grundsatz des Abs. 1 Satz 1 können nur diejenigen Personen ohne weitere Einschränkungen Leistungen der Jugendhilfe beanspruchen und Adressaten der anderen Aufgaben der Jugendhilfe sein, die ihren tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben. Tatsächlicher Aufenthalt beinhaltet die körperliche Anwesenheit im Inland, ein rechtsgeschäftlicher Wille ist nicht erforderlich. Auf die Motivation des Betreffenden oder auf die rechtliche Grundlage des Aufenthalts kommt es nicht an. Insbesondere ist unerheblich, ob er sich erlaubt oder unerlaubt im Inland aufhält und ob er eine Unterkunft hat oder nicht. Ebenso ist unerheblich, ob er an diesem Ort auch einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Begriff des tatsächlichen Aufenthalts ist im Sozialhilferecht entwickelt worden (vgl. dort § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, zuvor § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Unschädlich ist, wenn der tatsächliche Aufenthalt infolge der Inanspruchnahme der Hilfe in das Ausland verlagert wird.
Rz. 4a
Mit dem KICK wurde Abs. 1 Satz 3 eingeführt. Um auch Umgangsberechtigten mit tatsächlichem oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland die Beratung und Unterstützung deutscher Jugendämter bei der Ausübung ihres Rechts zum Umgang mit dem in Deutschland lebenden Kind zu ermöglichen, wurde die Vorschrift angepasst (BT-Drs. 15/3676 S. 30). Nach dieser Regelung ist der Aufenthaltsort des um Beratung oder Unterstützung nachsuchenden Sorgeberechtigten nicht maßgeblich, wenn das Kind, auf das sich das Umgangsrecht bezieht, seinen gewöhnlichen Aufenthalt (g.A.) i. S. d. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I oder der insoweit vorrangigen einschlägigen Regelungen des über- bzw. zwischenstaatlichen Rechts in Deutschland hat.
2.2 Leistungen an Ausländer
2.2.1 Ausländer
Rz. 5
Abs. 2 bezieht sich ausschließlich auf die Gewährung von Leistungen i. S. d. § 2 Abs. 2. Für die Erfüllung anderer Aufgaben i. S. d. § 2 Abs. 3 ist gemäß Abs. 2 Satz 2 auch bei Ausländern Abs. 1 maßgeblich. Ausländer ist gemäß § 2 Abs. 1 AufenthG jede Person, die nicht Deutsche i. S. d. Art. 116 Abs. 1 GG ist. Demnach ist Ausländer, wer weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt noch als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande v. 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat (sog. Statusdeutsche) und auch nicht durch Abstammung oder durch Eheschließung bis zum 31.12.1953 den Status als Deutscher erworben hat.
2.2.2 Rechtmäßiger oder geduldeter Aufenthalt
Rz. 6
Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ist seit dem 1.1.2005 nach den Vorschriften des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) v. 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) zu beurteilen. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist. Das heißt, diese Regelungen gehen vor. Ebenso vorrangig sind die Vorschriften des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v. 25.4.1951, BGBl. I S. 269) und des Assoziationsabkommens EWG/Türkei (BGBl. 1964 II S. 509).
Rz. 7
Der aufenthaltsrechtliche Status von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Unionsbürger) und ihrer Familienangehörigen ist im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) v. 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950, 1986) geregelt. Sie sind nach Maßgabe von § 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt, wenn:
- sie sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
- sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
- sie, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen i. S. d. Art. 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
- als Empfänger von Dienstleistungen,
- nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
- Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
- Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.