Rz. 4
Da § 60 den Kreis der vollstreckbaren Urkunden erweitert, ordnet Satz 3 die entsprechende Anwendung der für die Zwangsvollstreckung aus gerichtlichen Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geltenden Vorschriften an. Daher sind §§ 724 bis 793 ZPO und §§ 795a bis 800 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit nicht Satz 3 Modifikationen vorsieht (dazu Rn. 9).
2.2.1 Vollstreckungstitel
Rz. 5
Die nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder 4 i. V. m. § 60 Satz 1 aufgenommene Urkunde ist Vollstreckungstitel, wenn sie sich auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme bezieht und wenn der Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
2.2.2 Vollstreckungsklausel
Rz. 6
Die Ausfertigung des Vollstreckungstitels muss gemäß §§ 724f. ZPO mit einer Vollstreckungsklausel versehen sein. Die Vollstreckungsklausel lautet gemäß § 725 Abs. 1 ZPO: "Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt". Es wird also der benannten Person bescheinigt, dass die zeitlichen, sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vorliegen. Es darf grundsätzlich nur eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden. Sie tritt gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 BeurkG an die Stelle der Urschrift der Urkunde, die in der Registratur des Jugendamtes verbleibt. Anschließend werden von der Ausfertigung beglaubigte Abschriften erstellt.
2.2.3 Zustellung
Rz. 7
Der mit Klausel versehene Vollstreckungstitel muss dem Schuldner zugestellt werden (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Satz 2 modifiziert die Regelungen über die Zustellung (§§ 166 ff. ZPO) dahingehend, dass die Zustellung dadurch bewirkt wird, dass die Urkundsperson dem Schuldner eine beglaubigte Abschrift der Urkunde aushändigt. Entsprechend § 173 Satz 2 und 3 ZPO ist auf der ausgehändigten Abschrift und in den Akten zu vermerken, dass diese zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat. Bei Aushändigung an einen Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 ZPO vorgelegt wurde.
2.2.4 Rechtsbehelfe
Rz. 8
Dem Schuldner stehen die im 1. Abschnitt des 8. Buches der ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfe zu. Dazu gehören die Erinnerung gegen die Klauselerteilung nach § 732 ZPO, der Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO, die Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gemäß § 766 ZPO und die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO. Gemäß § 797 Abs. 4 ZPO ist die Präklusionsvorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO nicht anzuwenden. Die Geltendmachung von Einwendungen, die bereits zum Zeitpunkt der Beurkundung bestanden haben, ist nicht ausgeschlossen. Dem durch die Vollstreckung beeinträchtigten Dritten steht gemäß § 771 ZPO die Drittwiderspruchsklage zu.
Rz. 8a
Die Abänderung einer nach § 59 Abs. 1 Nr. 3, § 60 vollstreckbaren Jugendamtsurkunde kann nach Maßgabe von § 239 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 323 ZPO innerhalb der Zeitgrenzen nach § 238 Abs. 3 ZPO beantragt werden. Die Urkunde hat die einer gerichtlichen Entscheidung zukommende Rechtskraftwirkung. Der Umfang der Abänderung richtet sich gemäß § 239 Abs. 2 FamFG allein nach materiellem Recht. Unterhaltsvereinbarungen oder Jugendamtsurkunden, denen eine Vereinbarung der Beteiligten zugrunde liegt, sind zwar auch danach nicht frei abänderbar. Eine Abänderung kommt nur dann in Betracht, wenn diese wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geboten ist. Fehlt es hingegen an einer solchen Vereinbarung, weil die Jugendamtsurkunde einseitig erstellt wurde, kommt eine materiell-rechtliche Bindung an eine Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Für Beteiligte, die an der Erstellung der Jugendamtsurkunde nicht mitgewirkt haben, scheidet auch eine sonstige Bindung aus; sie können im Wege des Abänderungsantrags ohne Bindung an die vorliegende Urkunde einen höheren Unterhalt verlangen (OLG Köln, Beschluss v. 31.3.2015, II-26 WF 7/15, 26 WF 7/15 mit Hinweis auf BGH, Urteil v. 4.5.2011, XII ZR 70/09).