2.1.1 Sozialdaten
Rz. 12
Der von Abs. 1 Satz 1 verwendete Begriff der Sozialdaten bestimmt sich nach § 67 Abs. 2 SGB X i. V. m. Art. 4 Nr. 1 VO (EU) 2016/679 (vgl. auch OLG Zweibrücken, Urteil v. 21.2.2013 6 U 21/12 Rz. 24); danach sind Sozialdaten personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 VO (EU) 2016/679, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Sozialdaten sind dabei Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetz erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X (vgl. zu dieser weitergehenden Definition instruktiv bei: VG München, Urteil v. 25.5.2011, M 18 K 10.1647 Rz. 25).
2.1.2 Datenverarbeitung
Rz. 13
Der Schutz von Sozialdaten greift nach Satz 1 bei ihrer Verarbeitung. Der Oberbegriff (Daten-)Verarbeitung fand Eingang in § 61 Abs. 1 Satz 1 erst durch das Zweite Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU (2. DSAnpUG-EU) v. 20.11.2019 (BGBl. I S. 1626) mit Wirkung zum 26.11.2019. Damit wurde das bis dahin geltende Recht nicht verändert. Es handelte sich lediglich um eine redaktionelle Anpassung an die Begriffsbestimmungen der Datenschutzgrundverordnung; hier aus Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679 (vgl. BR-Drs. 430/18 S. 484 = BT-Drs. 19/4674 S. 397).
Rz. 14
Sinn der Verwendung des weiten Verarbeitungsbegriffs i. S. d. Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679 ist es, alle Formen der Datenverarbeitung zu erfassen; des entspricht dem geltenden Normverständnis (BR-Drs. 430/18 S. 484 = BT-Drs. 19/4674 S. 397).
Rz. 15
Es handelt sich insoweit um eine bereichsspezifische Regelung zur Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c und e i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Buchst. b, Satz 2 VO (EU) 2016/679. Die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten ist gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und g VO (EU) 2016/679 erfasst (BR-Drs. 430/18 S 484 = BT-Drs. 19/4674 S. 397).
2.1.3 Datenverarbeitung Begriff – Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679
Rz. 16
Nach dem weiten Verarbeitungsbegriff i. S. d. Art. 4 Nr. 2 VO (EU) 2016/679 ist Verarbeitung jede mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführter Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.
2.1.4 Geltungsanordnung – Verhältnis jugendhilferechtlichen Datenschutz zu § 35 SGB I, §§ 67 bis 85a SGB X nach Satz 1
Rz. 17
Für den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung und Verwendung in der Jugendhilfe gelten § 35 SGB I, §§ 67 bis 85a SGB X sowie die nachfolgenden Bestimmungen des SGB VIII. Die Datenschutzvorschriften des SGB VIII stehen damit nach der gesetzlichen Formulierung neben den genannten Bestimmungen des SGB I und des SGB X. Die Regelung des § 61 Abs. 1 Satz 1 hat allerdings insofern lediglich eine klarstellende Funktion, als über § 37 SGB I die Geltung der in Rede stehenden Vorschriften des SGB I und SGB X angeordnet ist. Nach § 37 Abs. 1 SGB I gelten die Bestimmungen des SGB I und des SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuches, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Folglich würden die in Rede stehenden Datenschutzvorschriften des SGB I und des SGB X auch ohne die Bezugnahme in § 61 Abs. 1 Satz 1 Geltung beanspruchen.
Rz. 18
Die Sozialdatenschutzbestimmungen des Kinder- und Jugendhilferechts treffen im Wesentlichen ergänzende und konkretisierende Regelungen, sodass sich ein Spannungsverhältnis zu § 35 SGB I und zu §§ 67 bis 85a SGB X in praxi kaum ergibt (zur Diskussion bezüglich Abs. 2 vgl. Rz. 8). Grundsätzlich ist von einer Vorrangigkeit der Datenschutzbestimmungen des SGB VIII auszugehen (vgl. hierzu auch unter Abschnitt Spezifische jugendhilferechtliche Sozialdatenschutzregelungen Rz. 24 f.). Dies folgt aus dem Grundsatz des Vorrangs der speziellen Regelung vor der allgemeinen Regelung. Mit der Formulierung des § 37 Satz 1 SGB I, der die Geltung des SGB I und des SGB X für alle Sozialleistungsbereiche des SGB anordnet, "soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt", hat diese Rechtsanwendungsregel zudem einen gesetzlichen Niederschlag gefunden. Der Anwendungsvorrang gilt jedenfalls dann, wenn der gleiche Regelungsgehalt betroffen ist, ggf. kommt eine ergänzende Heranziehung der "allgemeinen Vorschriften" in Betracht. Auch kann dies vor dem Hintergrund einer abschließenden Regelung gerade nicht der Fall sein (vgl. Rz. 8). Dies zeigt, dass die Frage des Verhältnisses zu den Datenschutzvorschriften des SGB I und SGB X für jede einzelne Bestimmung beurteilt werden muss. Grundsätzlich ist jedoch von dem Anwendungsvorrang der Bestimmungen des SGB VIII auszugehen.
Rz. 19
Im Hinblick auf die Regelung des § 37 Satz 2 SGB I ist weiterhin fraglich, wie das Verhältnis der Datenschutzbestimmungen des SGB V...