Rz. 6
Nach Abs. 1 der Vorschrift dürfen Daten nur erhoben werden, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Das Abstellen auf die Aufgabenerfüllung entspricht dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Zweckbindung. Dieser Grundsatz erfährt durch die Bezugnahme der "jeweiligen" Aufgabe eine Einzelfallorientierung. Bei der Frage der Zulässigkeit einer Datenerhebung kommt es dementsprechend auf den Einzelfall an. Bezogen auf diesen muss die Datenerhebung erforderlich sein. Der Grundsatz der Erforderlichkeit zielt insbesondere auf die Verhinderung einer nicht notwendigen Datenerhebung, also auf eine Datensammlung "für den Fall der Fälle", ab.
Rz. 7
Der Begriff der Erforderlichkeit, der als unbestimmter Rechtsbegriff auszufüllen ist, eröffnet der Behörde einen Beurteilungsspielraum. Anhaltspunkt kann das Ausmaß der Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I sein (Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB, 01/2020, Werkstand: 2023, § 62 SGB VIII, Rz. 5b). Kontur hat der Begriff der Erforderlichkeit insbesondere durch das sog. Volkszählungsurteil des BVerfG erhalten (Volkszählung, Mikrozensus: BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83; vgl. auch Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB, 02/2020, Werkstand: 2022, § 67a SGB X, Rz. 75). Maßstab für die Erforderlichkeit ist insoweit wiederum die Datenschutz-Grundverordnung und hier insbesondere Art. 5 Verordnung (EU) 2016/679 – Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten.
Rz. 8
Erforderlich ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur dann, wenn die jeweilige Aufgabe ohne die konkret erhobenen Daten nicht oder nicht vollständig erfüllt werden kann. Maßgeblich für die Erforderlichkeit ist daher die Zweckbindung. Negative Voraussetzung hierfür ist weiter, dass die Daten zur Erreichung des Verarbeitungszieles dem Grunde nach überhaupt geeignet sind. Ungeeignete Daten dürfen daher von vorneherein nicht erhoben werden. Die Datenerhebung wird insoweit auch von den Ausnahmeregelungen des Abs. 3 beeinflusst. Ist die Zweckerfüllung daher ohne die Erhebung der entsprechenden Daten nur unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten, mit einem unvertretbar höheren Aufwand oder nur verspätet möglich bzw. gefährdet, dann ist die Erforderlichkeit der Datenerhebung regelmäßig zu bejahen. Die gesetzlichen Vorgaben nach Abs. 3 sind bei der Ausfüllung des Begriffs der Erforderlichkeit in diesen Fallgruppen aber immer ergänzend zu beachten, so z. B. die Prüfung schutzwürdiger Interessen nach Abs. 3 Nr. 3.
Rz. 9
Der Begriff der Datenerhebung war ursprünglich noch in § 67 Abs. 5 SGB X (i. d. F. des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften v. 25.7.2013, BGBl. I S. 2749, gültig bis 24.5.2018) enthalten und bedeutet das (aktive) Beschaffen von Daten über den Betroffenen. Die Legaldefinition des Begriffs Datenerhebung in § 67 Abs. 5 SGB X ist dann durch Art. 24 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2541; 2019 I S. 162) mit Wirkung zum 25.5.2018 entfallen. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung von § 67 SGB X in Abs. 1 auf die Begriffsbestimmungen aus Art. 4 VO (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) reagiert; die Vorschrift enthält allerdings keine allgemeingültige Legaldefinition des Begriffs der Datenerhebung, sodass auf die allgemeingültige Definition von § 67 Abs. 5 SGB X a. F. zurückgegriffen werden kann (so auch Salgo/Kepert, ZKJ 2020 S. 414, 416).