0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 62 ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) seit dem 10.6.2021 in Kraft.
Eine entsprechende Regelung bestand im Jugendwohlfahrtsgesetz nicht.
Änderungen erfuhr die mit dem SGB VIII eingefügte Vorschrift durch das 1. SGB VIII-ÄndG v. 16.2.1993 (BGBl. I S. 239) und das 2. SGBÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229). Diese am 1.7.1994 in Kraft getretene Fassung galt bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) unverändert. Mit dem KICK hat der Gesetzgeber zum einen Abs. 2 Satz 2 modifiziert. Nach der früheren Fassung war der Betroffene über die Rechtsgrundlage der Erhebung, "den Erhebungszweck und Zweck der Verarbeitung oder Nutzung aufzuklären", soweit diese nicht offenkundig sind. Mit dem KICK ist er nunmehr neben der Rechtsgrundlage der Erhebung über die "Zweckbestimmungen der Erhebung und Verwendung" aufzuklären. Damit wird für § 62 die Ersetzung der Begriffe "Verarbeitung" und "Nutzung" durch den Begriff der "Verwendung" nachvollzogen (vgl. Komm. zu § 61). Zum anderen hat der Gesetzgeber mit dem KICK Abs. 3 der Vorschrift, der Ausnahmen zu dem Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen normiert, modifiziert bzw. ergänzt. Absatz 3 Nr. 2c wird um die Aufgabenwahrnehmung nach § 52 ergänzt. Absatz 3 Nr. 2d a. F. stellte auf Daten ab, deren Kenntnis für "eine gerichtliche Entscheidung, die Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung nach diesem Buch ist". Diese Formulierung hat der Gesetzgeber mit dem KICK ersetzt (vgl. Rz. 9). Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem KICK Abs. 3 um Nr. 4 ergänzt (vgl. Rz. 11).
Durch Art. 1 Nr. 42 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde § 62 mit Wirkung zum 10.6.2021 geändert und in Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d die Wörter "die Gefährdungsabwendung nach § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz oder" angefügt (vgl. zum Gesetzesentwurf; BR-Drs. 5/21 S. 17, 107, 108 = BT-Drs. 19/26107 S. 27, 107; der Gesetzesvorschlag bliebt durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) unverändert, vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 55).
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt die Datenerhebung. Abs. 1 regelt den Grundsatz, wonach die Datenerhebung nur dann zulässig ist, wenn die Kenntnis der Sozialdaten zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Nach Abs. 2 Satz 1 sind grundsätzlich die Daten bei dem Betroffenen zu erheben; Abs. 2 Satz 2 beinhaltet eine Pflicht zur Aufklärung der betroffenen Person über die Rechtsgrundlage der Erhebung sowie die Zweckbestimmungen der Verarbeitung. Abs. 3 normiert in den Buchst. a bis d die Ausnahmetatbestände zu Abs. 2 Satz 1 für die Datenerhebung auch ohne Mitwirkung der betroffenen Person. Auch trifft die Vorschrift zu der Konstellation, dass zwischen datenschutzrechtlich Betroffenem und Leistungsberechtigtem keine Personenidentität besteht, in Abs. 4 eine Regelung.
Rz. 3
Das soziale Datenschutzrecht ist allgemeinrechtlich im SGB X geregelt. Korrespondierende Regelung ist insoweit § 67a SGB X. Ergänzende Begriffsbestimmungen aus dem Datenschutzrecht finden sich insbesondere in § 67 SGB X. Das Sozialgeheimnis wird durch § 35 SGB I garantiert. Außerdem sind die Regelungen der Verordnung (EU) 2016/679 – die Datenschutz-Grundverordnung – flankierend zu beachten; insbesondere ist auf Art. 4 Verordnung (EU) 2016/679 zu verweisen, der allgemeingültige Legaldefinitionen des Datenschutzrechts enthält und auf den § 67 Abs. 1 SGB X ausdrücklich verweist. Weiterhin sind auch die Regelungen im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975) zu beachten; hier insbesondere § 4 KKG – Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung –, auf den § 62 Abs. 3 Nr. 2, Buchst. d i. d. F. des KJSG v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) nunmehr ausdrücklich Bezug nimmt.
Rz. 4
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).
2 Rechtspraxis
2.1 Verhältnis zu § 67a SGB X
Rz. 5
§ 67a SGB X, durch das 2. SGB-ÄndG mit Wirkung zum 1.7.1994 eingefügt, ist die Grundnorm für die Datenerhebung in der Sozialverwaltung. Wenn § 62 (abschließende) lex specialis zu § 67a SGB X wäre, so käme eine ergänzende Heranziehung des § 67a SGB X im Anwendungsbereich des § 62 nicht in Betracht. Relevant ist diese Frage vor dem Hintergrund, dass § 67a SGB X teilweise Regelungen enthält, die keine Entsprechung in § 62 haben (§ 67a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 bis