2.1 Zulässigkeit der Datenspeicherung nach Abs. 1
2.1.1 Begriff der Datenspeicherung
Rz. 5
Hinsichtlich des Begriffes der Datenspeicherung ist § 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB X heranzuziehen. Speichern wird dort definiert als das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verwendung oder Nutzung. Die Datenspeicherung ist nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist.
2.1.2 Begriff der Erforderlichkeit
Rz. 6
Insofern gilt auch für die Datenspeicherung, ebenso wie für die Datenerhebung nach § 62, das Erfordernis der Erforderlichkeit bezogen auf die jeweilige Aufgabe (vgl. Komm. zu § 62). Der Begriff der Erforderlichkeit ist ein Schlüsselbegriff des Datenschutzrechts mit Universalgültigkeit in allen Datenschutzregimen. Der Begriff ist überall dort, wo er Verwendung findet, i. S. der Einheit der Rechtsordnung gleich zu definieren, auszulegen und anzuwenden. Auch die Datenschutz-Grundverordnung spricht den Grundsatz der Erforderlichkeit in seinem § 5 Abs. 1 Buchst. e VO (EU) 2016/679 (Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten) an und fordert, dass personenbezogene Daten in einer Form gespeichert werden müssen, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist. Die Speicherung der Daten kann nur zu dem Zweck zulässig erfolgen, zu dem die Daten auch erhoben worden sind. Diesbezüglich trifft die Vorschrift zwar keine ausdrückliche Regelung. Ohne den Zweckzusammenhang zwischen Erhebung und Speicherung wäre eine Legitimation nach dem datenschutzrechtlichen Grundverständnis für die Datenspeicherung nicht erkennbar.
Rz. 7
Erforderlich sind daher nur Daten, deren Kenntnis notwendig ist, um die gestellte Aufgabe rechtmäßig, vollständig und in angemessener Zeit erfüllen zu können (vgl. das datenschutzrechtliche Grundsatzurteil des BSG v. 28.11.2002, B 7/1 A 2/00 R Rz. 26).
Rz. 8
Der Begriff ist daher im Interesse der Funktionsfähigkeit des Datenschutzes und damit insbesondere zum Schutz des Berechtigten eng auszulegen. Die Erforderlichkeit der Datenerhebung bedeutet nämlich, dass sich ein zur Einhaltung des Datenschutzes verpflichteter Leistungsträger auf das zum Erreichen des angegebenen Zwecks – im Rahmen des konkreten Auftrags – erforderliche Minimum beschränken muss (BSG, Urteil v. 28.11.2002, B 7/1 A 2/00 R Rz. 26 unter Bezugnahme auf die bundesdatenschutzrechtliche Generalnorm des § 13 Abs. 1 BDSG und unter Berufung auf das zentrale Grundsatzurteil des BVerfG – Volkszählungsurteil (Mikrozensus), BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83).
Rz. 9
Zum Grundsatz der Zweckbindung von Daten vgl. Komm. zu § 64 Abs. 1; Sozialdaten dürfen nur zu dem Zweck übermittelt oder genutzt werden, zu dem sie erhoben worden sind. Ein Träger der Jugendhilfe darf daher zu einem bestimmten Zweck erhobene Daten nicht in einem anderen Zusammenhang verwenden. Soweit in der Kinder- und Jugendhilfe Aufgaben aus verschiedenen Bereichen in einer Organisationseinheit erledigt werden, regelt Abs. 2 insoweit die Möglichkeit der Zusammenführung von Sozialdaten und trägt damit dem besonderen Organisationsstatus in der Jugendhilfe Rechnung (vgl. Komm. zu Abs. 2).
Rz. 10
Zwingende Voraussetzung im Übrigen für die Zulässigkeit der Datenspeicherung ist nach § 62 Abs. 1 eine zuvor erfolgte rechtmäßige Erhebung der Sozialdaten, die ebenfalls nur dann zulässig ist, wenn die Kenntnis der erhobenen Sozialdaten zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Die Speicherung rechtswidrig erhobener Daten ist daher ihrerseits rechtswidrig (Hess. VGH, Urteil v. 16.9.2014, 10 A 500/13 Rz. 27, mit Anm. in: ZKJ 2014 S. 493 und Anm. von Kirchhoff, jurisPR-SozR 2/2015 Anm. 2; so auch Hamb. OVG, Beschluss v. 21.3.2007, 3 Bs 396/05; VG Bremen, Beschluss v. 19.10.2011, 4 V 564/11). Es verbietet sich daher eine Vorratsdatenerhebung ohne konkreten Anlass ohne konkrete Zweckbindung, ohne Erforderlichkeit. Ein einzelnes so rechtswidrig erhobenes Datum kann dann auch bei einer späteren Speicherung nicht rechtmäßig gespeichert werden, selbst dann nicht, wenn die spätere Datenspeicherung dieses Datums dann erforderlich ist. Ein solches Datum ist daher neu zu erheben. Dem steht zwar die Praxisrelevanz entgegen, diese Sichtweise gebietet aber ein möglichst umfassender Datenschutz zugunsten des Betroffenen vor anlasslos erhobenen Daten und dient damit letztlich der Disziplinierung der Jugendhilfeträger, erhobene Daten nur dort zu speichern, wo bereits im Zeitpunkt der Erhebung von Daten die Erforderlichkeit gegeben war.
Rz. 11
Einzelfälle: Zur Frage, ob die Aufzeichnung von Gesprächen mit Minderjährigen im Rahmen von Verdachtsabschätzungen bei sexuellem Missbrauch und die daran anschließende Weitergabe zum Zweck der Durchführung eines Strafverfahrens zulässig ist, vgl. im Übrigen DIJuF-Rechtsgutachten v. 18.12.2007, J. 7.230/StR 4.000 Oh, JAmt 2008 S. 20. Auch die Zeitdauer der Aufbewahrung und damit Dauer der Speicherung von Daten hängt maßgeblich von dem Zweck ihrer Erhebung und Speicherung ab; insoweit ist in Be...