0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 65 ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) seit 10.6.2021 in Kraft.
Die mit dem SGB VIII in das Kinder- und Jugendhilferecht eingefügte Norm war in der seit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches (2. SGBÄndG) v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) am 1.7.1994 geltenden Fassung unverändert.
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) v. 8.9.2005 (BGBl. I S. 2729) hat der Gesetzgeber in Abs. 1 Nr. 2 die Bezugnahme auf § 50 Abs. 3 durch die auf § 8a Abs. 3 ersetzt. Dies trägt der ebenfalls mit dem KICK vorgenommenen Streichung des § 50 Abs. 3 und der Einfügung seines Regelungsgehaltes in § 8a Abs. 3 Rechnung (BT-Drs. 15/3676 S. 38). Mit dem KICK sind des Weiteren in Abs. 1 die Nr. 3 und 4 eingefügt worden, die bisherige Nr. 3 ist nunmehr Nr. 5 (vgl. Rz. 8). Die Vorschrift gilt seit der Neufassung des SGB VIII zum 1.1.2012 i. d. F. des BGBl. I 2011 S. 2022. Den in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 noch enthaltenen Hinweis auf das Vormundschaftsgericht hat der Bundesgesetzgeber durch Art. 2 Nr. 17 des Gesetzes zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKiSchG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975) korrigiert. § 65 gilt seit dem 19.5.2013 i. d. F. des Art. 5 Nr. 7 des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern v. 16.4.2013 (BGBl. I S. 795). § 8a Abs. 3 wurde im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKiSchG) zu § 8a Abs. 2, sodass die Verweisung in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 daher einer redaktionellen Anpassung bedurfte. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen v. 30.10.2017 (BGBl. I S. 3618) wurde Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 mit Wirkung zum 9.11.2017 redaktionell an die Änderung von § 203 Abs. 4 StGB angepasst.
Durch Art. 1 Nr. 44 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde mit Wirkung zum 10.6.2021 § 65 geändert. Durch Art. 1 Nr. 44 Buchst. b wurde ein neuer Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 angefügt (durch Art. 1 Nr. 44 Buchst. a wurde Nr. 5 dahingehend redaktionell geändert, dass das Wort "oder" angefügt wurde). Die aktuelle Fassung hat die Vorschrift erst durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) erhalten (vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 55 und 109 f.).
1 Allgemeines
Rz. 2
Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber für den Bereich der persönlichen und erzieherischen Hilfen einen besonderen Vertrauensschutz geschaffen. Im Rahmen der Gewährung dieser Hilfen anvertraute Daten genießen einen besonderen Schutz. Dies ist vor dem Hintergrund der in diesen Zusammenhängen anfallenden besonders sensiblen Daten und der Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen Mitarbeiter und Klient auch sachgerecht.
Rz. 3
Struktur der Vorschrift: Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 regeln Fallgruppen, in denen anvertraute Daten weitergegeben und übermittelt werden dürfen. Abs. 2 regelt die Anwendung von § 35 Abs. 3 bei einem behördeninternen Weitergabeverbot.
Rz. 4
Zentrale korrespondierende Vorschrift im SGB VIII ist § 64, der erhobene Sozialdaten erfasst, während § 65 Regelungen zu anvertrauten Daten beinhaltet (vgl. auch die Komm. zu § 64). Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 werden Sozialdaten, die zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, besonders geschützt (Salgo/Kepert, ZKJ 2020, 333, 338).
Rz. 5
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 19.3.2024).
2 Rechtspraxis
2.1 Weitergabebefugnis nach Abs. 1
2.1.1 Grundsätze nach Satz 1
Rz. 6
Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 werden Sozialdaten, die zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, besonders geschützt (Salgo/Kepert, ZKJ 2020, 333, 338) und dürften nur unter den weiteren Voraussetzungen der Nr. 1 bis 6 weitergegeben oder übermittelt werden. § 65 normiert damit einen besonderen Vertrauensschutz (LG Koblenz, Beschluss v. 15.9.2022, 4 Qs 56/22, Rz. 16, mit Anm. in ZKJ 2022, 463). Die von § 65 erfassten Daten dürfen – unabhängig davon, aus welcher Ermächtigungsgrundlage ein Auskunftsanspruch hergeleitet wird – daher nicht herausgegeben werden, sofern die Voraussetzung für eine Übermittlung nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 5 nicht erfüllt ist, § 65 ist auch mit den Vorgaben der DSGVO (EUV 2016/679) vereinbar (OVG des Saarlandes, Beschluss v. 18.3.2022, 2 D 23/22).
Rz. 6a
§ 65 Abs. 1 Satz 1 formuliert daher den Grundsatz eines gesetzlich nor...