0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Das JWG kannte keine zentrale Vorschrift zur Begriffsdefinition. Einzelne Begriffe, wie etwa der des Minderjährigen oder des Kindes wurden mit unterschiedlichen Inhalten benutzt. Daneben verwendete das JWG verschiedene rechtlich kaum definierte Begriffe, wie etwa Säugling, Kleinkind, Jugendlicher. Eine juristische Begriffsdefinition war allein anhand des bürgerlichen Rechts möglich. Lediglich der Pflegekindbegriff war in § 27 JWG hinreichend definiert. § 7 wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jungendhilfegesetz – KJHG) v. 26.6.1990 (BGBl. I S. 1163) zum 1.1.1991 eingeführt. Abs. 3 wurde durch Art. 13 Nr. 2 i. V. m. Art. 15 des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts v. 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) mit Wirkung zum 1.7.1998 aufgehoben. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher (VerbaKJUVBG) v. 28.10.2015 (BGBl. I S. 1802) wurde mit Wirkung zum 1.11.2015 Abs. 3 wieder eingefügt.

Durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde mit Wirkung zum 10.6.2021 Abs. 2 eingefügt. Die bisherigen Abs. 2 bis 4 wurden zu Abs. 3 bis 5.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift enthält einige für den Regelungsbereich des SGB VIII geltende Begriffsdefinitionen. Diese können nicht ohne weiteres auf kindschaftsrechtliche Regelungen anderer Gesetze übertragen werden. Auch in den anderen Büchern des SGB werden die Begrifflichkeiten nicht einheitlich gebraucht. Insbesondere der Begriff des Kindes ist in den verschiedenen Regelungswerken unterschiedlich definiert.

2 Rechtspraxis

2.1 Kinder, Jugendliche, junge Volljährige, junge Menschen

 

Rz. 3

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 übernimmt die zuvor schon in § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit und in § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften enthaltenen Definitionen. Sie sind konkret verschiedenen Altersgruppen zugeordnet und selbsterklärend. Die Altersgrenze von 27 Jahren wird neu eingeführt. Die jeweilige Altersgruppe wird am Tag des Geburtstags erreicht, die als zeitlicher Beginn genannt wird. Sie endet am Tag vor der Vollendung des Lebensjahres, das in der Vorschrift als zeitliches Ende genannt wird. Dies folgt aus § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB. Besonderheiten beim Begriff des Kindes sind in Abs. 2 und 4 geregelt.

2.2 Personensorgeberechtigter

 

Rz. 4

Maßgeblich für die Personensorgeberechtigung i. S. d. Abs. 1 Nr. 5 sind grundsätzlich die bürgerlich-rechtlichen Regelungen zur Personensorge. Bei der Verweisung auf diese Regelungen handelt es sich um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Personensorgerecht (BVerwG, Urteil v. 30.5.2018, 5 C 2/17, Rz. 9). Die Personensorge ist Teil der elterlichen Sorge. Sie ist in § 1626 Abs. 1 BGB definiert. Danach haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Die Personensorge umfasst gemäß § 1631 BGB insbesondere die Pflicht und das Recht das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Damit verbunden ist gemäß § 1632 Abs. 1 BGB das Recht, die Herausgabe des Kindes von demjenigen zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält. Eltern sind die leiblichen Eltern oder die Adoptiveltern (vgl. § 1754 Abs. 3 BGB) und die geschiedenen Eltern, soweit kein Antrag auf Übertragung des Sorgerechts durch das Familiengericht gestellt wurde. Der Personensorgeberechtigte muss nicht volljährig sein. Ein minderjähriger Personensorgeberechtigter darf allerdings gemäß § 1673 Abs. 2 BGB nur in eingeschränktem Umfang die Personensorge ausüben. Der Stiefelternteil (vgl. § 1687b BGB) und der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (vgl. § 9 LPartG) haben das sog. "kleine Sorgerecht". Dies beinhaltet ein Mitentscheidungsrecht in Angelegenheiten des täglichen Lebens sowie die Berechtigung, bei Gefahr im Verzug alle notwendigen Rechtshandlungen zum Wohl des Kindes vorzunehmen.

 

Rz. 5

Sind die Eltern des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht die elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 2 BGB grundsätzlich der Mutter zu. Die Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt, soweit sie eine dahingehende Sorgeerklärung abgegeben haben oder einander heiraten. Besondere Regelungen zur Sorgeerklärung enthalten §§ 1626b bis 1626e BGB. Gemäß § 1627 BGB haben die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Ansonsten entscheidet gemäß § 1628 BGB das Familiengericht. Die elterliche Sorge und damit auch die Personensorge umfasst gemäß § 1629 Abs. 1 BGB die gesetzliche Vertretung des Kindes; dessen Abs. 2 und 3 normieren die Grenzen des Vertretungsrechts.

 

Rz. 5a

Ist die Personensorge in Anlehnung an § 1671 BGB zwischen den getr...

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