2.1.1 Stimmberechtigte Mitglieder
Rz. 2
Absatz 1 differenziert nach den Mitgliedern, die von der Vertretungskörperschaft des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt werden (Nr. 1), und den von den freien Trägern der Jugendhilfe vorgeschlagenen Mitgliedern (Nr. 2). Die Vorschrift bestimmt nicht die Anzahl der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, sondern lediglich das Stimmenverhältnis der beiden Gruppen zueinander. Allerdings kann das Landesrecht im Rahmen des Landesrechtsvorbehalts des Abs. 5 Satz 1 die Anzahl bestimmen. Das Landesrecht kann ferner Bestimmungen zu den persönlichen Voraussetzungen, welche die Mitglieder erfüllen müssen, sowie zur Dauer der Mitgliedschaft enthalten.
Rz. 3
Drei Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses werden von der Vertretungskörperschaft bestimmt (Abs. 1 Nr. 1). Vertretungskörperschaft ist der Stadtrat oder die Stadtverordnetenversammlung, der Kreistag. Er wählt die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses aus dem Kreis seiner Mitglieder oder aus dem Kreis der in der Jugendhilfe erfahrenen Frauen und Männer aus. Das Nähere zum Wahlverfahren bestimmt das Landesrecht. Eine landesrechtliche Regelung der Gemeindeordnung vermag angesichts der abschließenden Sondervorschriften des Jugendhilferechts einer Fraktion, die im Jugendhilfeausschuss nicht vertreten ist, keinen Anspruch auf Benennung eines Ratsmitglieds oder eines sachkundigen Bürgers als beratendes Mitglied des Jugendhilfeausschusses zu vermitteln (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 2.3.2004, 15 A 4168/02; VG Osnabrück, Urteil v. 19.1.2002, 1 A 56/02). Bei den als Mitglieder der Vertretungskörperschaft gewählten Personen ist die Mitgliedschaft im Jugendhilfeausschuss an die fortdauernde Mitgliedschaft in der Vertretungskörperschaft gebunden. Die Vertretungskörperschaft kann auch Frauen und Männer auswählen, die in der Jugendhilfe erfahren sind. Diese Voraussetzung beinhaltet einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Erfahrung muss nicht zwingend aus einer beruflichen oder ehrenamtlichen Betätigung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe herrühren. Sie kann sich auch aus der persönlichen Erfahrung des Betreffenden ergeben.
Rz. 4
Zwei Fünftel der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses werden auf Vorschlag gewählt (Abs. 1 Nr. 2). Vorschlagsberechtigt sind die im Zuständigkeitsbereich des Jugendhilfeausschusses tätigen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe. Dazu zählen die kraft Gesetzes anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Jugendpflege (§ 75 Abs. 3) sowie diejenigen freien Träger, welche die Voraussetzungen nach § 75 Abs. 1 und 2 erfüllen und von der nach Landesrecht zuständigen Stelle anerkannt worden sind. Alle freien Träger haben ein einklagbares Vorschlagsrecht (Frings, JWohl 1994 S. 361). Aus den vorgeschlagenen Frauen und Männern wählt die Vertretungskörperschaft (Stadtrat, Kreistag) zwei Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder des Jugendhilfeausschusses aus. Wiederum kann das Landesrecht die Anzahl bestimmen.
2.1.2 Vorschlagsrecht freier Träger
Rz. 5
Die Jugendverbände und die Wohlfahrtsverbände waren nach § 14 JWG allein vorschlagsberechtigt. Ihnen räumt Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz ein gewisses Vorrecht ein, indem sie angemessen zu berücksichtigen sind. Was angemessen ist, richtet sich nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und insbesondere nach dem Umfang und der Bedeutung des Engagements des jeweiligen Verbandes in dem Bereich. Die Vorschrift vermittelt den Verbänden kein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass die Wahlvorschläge zu berücksichtigen sind. Sie stellt insoweit eine bloße Ordnungsvorschrift dar (VG Düsseldorf, Beschluss v. 6.12.2004, 1 L 3340/04). Jugendverbände sind Zusammenschlüsse, innerhalb derer Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet wird (§ 12 Abs. 2 Satz 1). Durch Jugendverbände werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten (§ 12 Abs. 2 Satz 3). Die Wohlfahrtsverbände (Verbände der freien Wohlfahrtspflege) sind im Gesetz nicht definiert. Man versteht darunter die Arbeiterwohlfahrt (AWO), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), den Caritasverband (DCV), das Diakonische Werk, den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) und den Zentralverband der Juden in Deutschland sowie deren Untergliederungen. Es handelt sich dabei um karitative Organisationen. Sie orientieren ihr Handeln an christlichen (Caritas, Diakonie) oder politischen (AWO) Überzeugungen. Unter dem Dach der Wohlfahrtsverbände arbeiten zahlreiche, meist rechtlich selbständige Organisationen. Wohlfahrtsverbände und deren rechtlich eigenständige Unterorganisationen (Landes-, Diözesan-, Bezirksverbände, Vereine und gemeinnützige GmbHs) betreiben Krankenhäuser, Kindergärten und Altenheime. Die Mehrzahl aller sozialen Einrichtungen in Deutschland ist in der Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände.
2.1.3 Gesamtzahl der Mitglieder
Rz. 6
Die Gesamtzahl der stimmberechtigten Mitglieder ist zwar in Abs. 1 nicht genannt. Au...