Rz. 8a
Die Rechtsstellung der Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, ihre Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Kommunalverfassungsrecht, d. h. aus der Gemeindeordnung und dem Satzungsrecht der Gemeinde bzw. der Kreisordnung und dem Satzungsrecht des Kreises. Dabei dürfen allerdings die nachfolgend erläuterten Rechte des Jugendhilfeausschusses, die sich aus dem SGB VIII ergeben, nicht beschnitten werden (DV-Gutachten v. 4.7.1995, NDV 1996 S. 334). Die Satzung für das Jugendamt der jeweiligen Stadt enthält zumeist Regelungen über die Gliederung des Amtes in Verwaltung und Jugendhilfeausschuss, die stimmberechtigten und die beratenden Mitglieder, die Aufgaben des Jugendhilfeausschusses, die Modalitäten der Wahl der Mitglieder, Verfahren bei den Sitzungen und bei Ausscheiden und Nachwahl von Mitgliedern sowie Unter- und Fachausschüsse. Weitere Einzelheiten regelt die Geschäftsordnung des Jugendhilfeausschusses.
Rz. 8b
Die Befangenheit von Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses wirft zahlreiche Fragen auf. Der Jugendhilfeausschuss berät und entscheidet über die örtliche Jugendhilfeplanung nach § 80 und über die Förderung der freien Jugendhilfe. Er kann dafür Fördergrundsätze und Richtlinien erstellen. Vorschriften zum Ausschluss bei Befangenheit enthalten sowohl die Gemeindeordnungen der Länder als auch das SGB X. Vorschriften zur Anwendbarkeit sind in den Ausführungsgesetzen zum KJHG enthalten. Abgesehen davon, dass dort speziell für den Jugendhilfeausschuss die Geltung der Gemeindeordnung angeordnet ist (vgl. statt vieler: § 3 AG KJHG NRW, Art. 15 AGSG Bayern, § 2 LKJHG Baden-Württemberg), folgt die Anwendung von Vorschriften der Gemeindeordnung daraus, dass es sich bei dem Jugendhilfeausschuss um einen beschließenden Ausschuss i. S. d. Gemeindeordnung handelt.
Rz. 8c
Angesichts begrenzter Haushaltsmittel zeigt sich für die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses bei einer Vielzahl von Beratungsgegenständen und Beschlussfassungen eine generelle Konkurrenzsituation unter den Trägern der freien Jugendhilfe. Geht es um die Förderung eines bestimmten Projekts oder die Bezuschussung eines bestimmten Trägers der freien Jugendhilfe, so entsteht eine konkrete Konkurrenzsituation. Dabei ist zu beachten, dass die Mitglieder des Ausschusses dem Gemeinwohl verpflichtet und von Aufträgen und Weisungen der entsendenden Gruppierungen unabhängig sein sollen. Dies folgt aus den Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnung. Die generelle Konkurrenzsituation, in der die von den Trägern der freien Jugendhilfe entsandten Mitglieder stehen, ist vom Gesetzgeber im Sinne einer Interessenpluralität gewollt und kann daher nicht zu deren Ausschluss führen (vgl. VG Gelsenkirchen, DV 1985 S. 297; VG Gelsenkirchen, Beschluss v. 9.11.1993, 15 L 3139/93; OVG Berlin, Beschluss v. 23.7.1998, 6 S 94/98; Frings, JWohl 1994 S. 361; Happe/Günter, JWohl 1995 Nr. 3; Ludemann, JWohl 1995 S. 110). Sind hingegen spezielle Interessen eines oder mehrerer Träger der freien Jugendhilfe durch die Beratung und Beschlussfassung im Einzelfall berührt, so kann der Ausschluss der von ihnen entsandten Vertreter geboten sein. Es genügt bereits der Anschein der Befangenheit, d. h. der Anschein der fehlenden Unvoreingenommenheit. Es muss nicht festgestellt werden, ob der Betreffende tatsächlich voreingenommen ist und sich von sachfremden Erwägungen oder persönlichen Beweggründen leiten lässt.