Rz. 9
Unter dem Begriff des Beschlussrechts regelt Abs. 3 Satz 1 den Umfang der Entscheidungsbefugnis des Jugendhilfeausschusses. Das Beschlussrecht reicht nicht so weit wie das Befassungsrecht nach Abs. 2. Der Rahmen wird vorgegeben durch das in Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und die im Kommunalverfassungsrecht der Länder vorgegebene Haushalts-, Beschluss- und Satzungsgewalt der politischen Vertretungskörperschaft, also des Stadtrats bzw. des Kreistags (BVerwG, Urteil v. 15.12.1994, 5 C 30/91). Die bundesgesetzlichen Regelungen des SGB VIII müssen damit im Zusammenhang gesehen werden. Absatz 3 Satz 1 formuliert im Wortlaut den Rahmen und die Grenzen des Beschlussrechts. Danach besteht das Beschlussrecht im Rahmen
- der von der Vertretungskörperschaft bereit gestellten Mittel,
- der von ihr erlassenen Satzung und
- der von ihr gefassten Beschlüsse.
Rz. 10
Der Jugendhilfeausschuss hat somit den vom Stadtrat bzw. vom Kreistag beschlossenen Haushaltsplan, die von diesen Gremien erlassenen Satzungen, insbesondere die Hauptsatzung und die übrigen Beschlüsse der Vertretungskörperschaft zu beachten (BVerwG, Urteil v. 15.12.1994, 5 C 30/91). Allerdings darf die Vertretungskörperschaft das Beschlussrecht durch Haushaltsplan, Satzungsrecht und sonstige Beschlüsse nicht völlig aushöhlen. Sie hat vielmehr das in Abs. 3 Satz 1 bundesrechtlich vorgeschriebene Beschlussrecht des Jugendhilfeausschusses im Bestand zu wahren (VG Karlsruhe, Urteil v. 2.4.2003, 5 K 3006/01). Umstritten ist allerdings im Einzelnen, inwieweit das Beschluss- und Satzungsrecht der Vertretungskörperschaft gegenüber dem Beschlussrecht des Jugendhilfeausschusses vorrangig ist und ob die Vertretungskörperschaft ihre Kompetenz auf andere Fachausschüsse delegieren darf (vgl. statt vieler: Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, NDV 1996 S. 335; VG Freiburg, Beschluss v. 2.1.1995, 8 G 3674/94; VG Frankfurt, Beschluss v. 2.1.1995, 8 G 3674/94).
Rz. 10a
Beschlüsse des Jugendhilfeausschusses enthalten zumeist keine Regelungen im konkreten Einzelfall und entfalten regelmäßig keine Außenwirkung gegenüber dem Bürger oder gegenüber freien Trägern der Jugendhilfe. Sie bedürfen vielmehr der Umsetzung durch Einzelfallregelungen der Verwaltung des Jugendamtes. Ohne vorherige wirksame Bekanntgabe eines Beschlusses des Jugendhilfeausschusses kann ein freier Träger kein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen auf eine Zuwendung bilden (OVG Berlin, Beschluss v. 14.10.1998, 6 S 94.98).