2.1 Anforderungen an hauptberufliche Mitarbeiter
2.1.1 Ausbildung als Fachkräfte
Rz. 2
Die Vorschrift wendet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. In Bezug auf die freien Träger formuliert § 75 Abs. 1 Nr. 3 fachliche und personelle Anforderungen an die anzuerkennenden Träger und an die Eignung ihrer Mitarbeiter: dabei hat ein freier Träger, der die Anerkennung anstrebt, sein Personalkonzept an den Standards der öffentlichen Träger i. S. v. § 72 Abs. 1 zu orientieren (VG Berlin, Urteil v. 7.11.2003, 17 A 467.00, ZfJ 2004 S. 464). Honorarkräfte im Bereich ambulanter Hilfen zur Erziehung in Form der Erziehungsbeistandschaft (§ 30) und der sozialpädagogischen Familienhilfe (§ 31) sollten den gleichen Anforderungen genügen (Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht – DIJuF – v. 26.11.2004, J 3.302 We, JAmt 2005 S. 15).
Absatz 1 Satz 1 enthält eine Sollvorschrift, d. h. im Regelfall müssen hauptberufliche Mitarbeiter die genannten Voraussetzungen erfüllen. Besondere Gründe rechtfertigen es, davon abzuweichen. Nach der Legaldefinition sind Fachkräfte solche Personen, die sich für die jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen und eine dieser Aufgabe entsprechende Ausbildung haben. Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe sind in § 2 genannt. Als Fachkräfte der Jugendhilfe kommen nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/5948 S. 64) Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erzieher, Psychologen, Diplompädagogen, Heilpädagogen, Sonderschulpädagogen, Psychagogen, Jugendpsychiater, Psychotherapeuten und Pädiater in Betracht. Dabei handelt es sich um eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung. Die hauptberuflichen Mitarbeiter müssen nicht nur über die für die jeweilige Tätigkeit erforderliche fachliche Qualifikation verfügen, sondern auch die persönliche Eignung mitbringen.
2.1.2 Persönliche Eignung
Rz. 3
Die persönliche Eignung steht im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden, sie ist unabhängig von der fachlichen Qualifikation. Eine Negativabgrenzung in Bezug auf die persönliche Eignung nimmt § 72a vor. Sowohl die fachliche Qualifikation als auch die persönliche Eignung müssen in Bezug auf die jeweilige Aufgabe vorhanden sein.
2.1.3 Besondere Erfahrungen in der sozialen Arbeit
Rz. 4
Die fachliche Qualifikation können die Mitarbeiter – ohne Fachkräfte i. S. d. Abs. 1 Satz 1 zu sein – auch durch besondere Erfahrungen in der sozialen Arbeit erwerben. Diese Erfahrungen können sie durch lange Berufserfahrung erlangen. In der Literatur wird diese Variante als Ausnahme von dem Grundsatz angesehen, dass Fachkräfte beschäftigt werden sollen. Dies entspricht jedoch nicht dem Wortlaut der Vorschrift, wonach ausgebildete Fachkräfte und Personen mit besonderer Erfahrung in der sozialen Arbeit gleichermaßen als hauptberufliche Mitarbeiter beschäftigt werden können.
2.2 Zusatzausbildung
Rz. 5
Absatz 1 Satz 2 verschärft die Anforderungen an hauptberufliche Mitarbeiter, "soweit die jeweilige Aufgabe dies erfordert". In diesen Bereichen dürfen zwingend nur Fachkräfte oder Fachkräfte mit Zusatzausbildung eingesetzt werden. Damit sind Personen, die ihre Qualifikation nach Abs. 1 Satz 1 durch besondere Erfahrungen in der sozialen Arbeit erworben haben, ausgeschlossen. Um welche Aufgaben es sich dabei handelt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr soll der Praxis und der künftigen Entwicklung angemessener Spielraum gelassen werden (BT-Drs. 11/5948 S. 97). Von daher kann nicht ohne weiteres geschlussfolgert werden, dies gelte für die Kernaufgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Vielmehr muss auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Aufgabe an die fachliche Ausbildung abgestellt werden. Danach kann gerade auch in Randbereichen der Kinder- und Jugendhilfe eine Zusatzausbildung erforderlich sein. Der Begriff der Zusatzausbildung ist ebenfalls nicht näher im Gesetz umschrieben. Im Regelungszusammenhang kann der Begriff nur so verstanden werden, dass es sich dabei um eine aufgabenspezifische spezielle Zusatzausbildung handeln muss.
2.3 Zusammenarbeit
Rz. 6
Nach Abs. 1 Satz 3 sollen die Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten, soweit die jeweilige Aufgabe dies erfordert. Auch hier enthält weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegründung einen konkreten Hinweis auf bestimmte Anwendungsbereiche. Die Gesetzesbegründung nennt allerdings die Vorteile und die Ziele einer interdisziplinären Zusammenarbeit. Sie soll einer einseitigen Fixierung und der Beschränkung auf bestimmte Therapieformen vorbeugen und die Entwicklung neuer Erkenntnisse und Methoden offen halten (BT-Drs. 11/5948 S. 97).
2.4 Leitende Funktionen
Rz. 7
Absatz 2 dehnt den Fachkräftevorbehalt, der sich in § 16 Abs. 2 JWG allein auf den Leiter des Jugendamtes bezog, auf alle leitenden Funktionen des Jugendamtes und des Landesjugendamtes aus. Erfreulicherweise wird dabei auf die Qualifikation als Fachkraft abgestellt, statt "Verwaltungsmanager" als prädestiniert für leitende Funktionen anzusehen.
2.5 Fortbildung und Praxisberatung
Rz. 8
Gemäß Abs. 3 haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Fortbildung und Praxisberatung sicherzustellen. Ein einklagbarer Rechtsanspruch der Mitarbeiter auf Fortbildung und Praxisberatung lässt sich daraus jedoc...