Rz. 6

Gemäß Satz 2 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Einstellung und anschließend in regelmäßigen Abständen von seinen Mitarbeitern die Vorlage eines Führungszeugnisses abverlangen. Das vorzulegende erweiterte Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 und § 30a Abs. 1 BZRG wurde mit dem am 1.5.2010 in Kraft getretenen 5. Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes v. 16.7.2009 eingeführt. Dieses kann über Personen erteilt werden, die beruflich, ehrenamtlich oder in sonstiger Weise kinder- oder jugendnah tätig sind oder tätig werden sollen. Es enthält auch die Eintragungen im Bundeszentralregister über rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, durch die zu einer Strafe erkannt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet wurde. Problematisch ist dabei, dass der Arbeitgeber auf diese Weise nicht nur von Verurteilungen wegen der in Satz 1 genannten Delikte, sondern auch wegen irgendwelcher anderer Delikte Kenntnis erhält, welche nicht geeignet sind, die Eignung der Mitarbeiter infrage zu stellen. Doch dürfte der darin liegende Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter angesichts der von einschlägig straffälligen Tätern für Kinder und Jugendliche drohenden Gefahren gerechtfertigt sein, so dass letztlich Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Ermächtigung nicht durchgreifen. Der Gesetzgeber erwartet im Übrigen einen abschreckenden Effekt der Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung der persönlichen Eignung. Einschlägig vorbestrafte Personen sollen auf diese Art von einer Bewerbung abgehalten werden (BT-Drs. 5/3676 S. 39).

 

Rz. 7

Die Jugendhilfeträger sollen in regelmäßigen zeitlichen Abständen die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses verlangen. Der unbestimmte Rechtsgriff des regelmäßigen Abstands wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Das Landesjugendamt Rheinland-Pfalz hat für seinen Zuständigkeitsbereich einen Abstand von 5 Jahren vorgegeben. Das Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuH) v. 10.8.2006 empfiehlt darüber hinaus den Rückgriff auf die Mitteilungen in Strafsachen (MiStra), um so auch den Zugriff auf Daten aus laufenden Ermittlungen in Strafsachen zu erhalten. Die MiStra sehen bereits vor, dass das Jugendamt in allen Fällen, in denen eine erhebliche Gefährdung von Minderjährigen droht, benachrichtigt wird. Da jedoch Umsetzungsdefizite bestehen, empfiehlt das Gutachten, Absprachen mit Strafjustizbehörden zu treffen.

 

Rz. 8

Die Konsequenzen der Weigerung eines Jugendamtsmitarbeiters, das Führungszeugnis vorzulegen, hängen von Umständen des Einzelfalles ab. Am ehesten ist es rechtlich unbedenklich, wenn der Träger der Jugendhilfe bei der Einstellung eines Mitarbeiters die Vorlage des Führungszeugnisses verlangt und zur Voraussetzung für die Einstellung macht. Problematischer ist aus arbeitsrechtlicher und auch aus beamtenrechtlicher Sicht die Verpflichtung zur Vorlage eines Führungszeugnisses während des fortdauernden Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses. Die beharrliche Weigerung kann unter bestimmten Voraussetzungen die verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Doch ist hier – ebenso wie bei der dienstrechtlichen Beurteilung der Weigerung eines Beamten – der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dabei müssen insbesondere bei der Prüfung der Angemessenheit die Belange des Kinder- und Jugendschutzes einerseits und das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen andererseits abgewogen werden. Die Belange des Kinder- und Jugendschutzes sind zu messen an der Art der Tätigkeit, die der Betreffende ausübt, und dem sich daraus ergebenden Gefährdungsrisiko. Bei Mitarbeitern in einer Kindertagesstätte oder in einer stationären Einrichtung für Kinder oder Jugendliche ist das Gefährdungsrisiko höher einzuschätzen als bei Mitarbeitern im Verwaltungsbereich des Jugendhilfeträgers. Auch die Dauer des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses ist zu berücksichtigen. Zu Beginn kommt eine kürzere zeitliche Frequenz in Betracht als bei einem langjährigen Mitarbeiter. Daneben ist zu prüfen, ob und inwieweit angesichts der nach den MiStra bestehenden Mitteilungspflichten der Strafverfolgungsbehörden das Verlangen zur Vorlage des Führungszeugnisses (zu dem jeweiligen Zeitpunkt) erforderlich ist. Erhält der Jugendhilfeträger über die MiStra Kenntnis über ein gegen den Mitarbeiter gerichtetes Ermittlungsverfahren, so kommt zwar zunächst noch nicht die Verdachtskündigung, wohl aber eine Versetzung als eine im Vergleich zur Kündigung mildere Maßnahme in Betracht.

 

Rz. 9

Die Kosten für die Erstellung des Führungszeugnisses hat vor der Neueinstellung der Bewerber zu tragen. Wird während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Führungszeugnis auf Verlangen des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer beantragt und erstellt, so hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen (DIJuF, Rechtsgutachten v. 14.7.2005 zu § 72 a SGB VIII, JAmt 2005 S. 348).

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