Rz. 2
Die Vorschriften im Dritten Abschnitt (Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung) (vgl. insoweit auch BT-Drs. 13/10330 S. 17) sind zur Ablösung der früheren Deckelungsregelung des § 77 a. F. geschaffen worden, die sich vor dem Hintergrund dramatischer Kostensteigerungen in der Kinder- und Jugendhilfe zu einer nachhaltigen Ausgabenbegrenzung als nicht tragfähig erwies. Die Gesetzesformulierungen fußen auf §§ 93ff. BSHG a. F. sowie den entsprechenden Normen des SGB XI (BT-Drs. 13/10330 S. 17). In ihrer Endfassung gehen sie auf Vorschläge einer Arbeitsgruppe des Deutschen Vereins zurück, an der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Freien Wohlfahrtspflege beteiligt waren. Nach dem Vorbild des Sozialhilferechts sollten bundesrechtliche Rahmenregelungen über Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen eingeführt und die Voraussetzungen für die Übernahme von Leistungsentgelten im Einzelfall geregelt werden (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch, BT-Drs. 13/10330 S. 17; vgl. auch BGH, Urteil v. 18.2.2021, III ZR 175/19 Rz. 30). Da die §§ 78a ff. dem Sozialhilferecht nachgebildet sind, kann auf die zum Sozialhilferecht ergangene Rechtsprechung und die dortige Rechtsentwicklung zurückgegriffen werden (so im Ergebnis: DIJuF-Rechtsgutachten v. 28.1.2021, SN_2020_1130 Schw, JAmt 2021 S. 265).
Rz. 2a
Das im SGB VIII in den §§ 78a ff. geregelte Regime der Leistungserbringung ist umfassend und z. B. deutlich weitergehend als im Anwendungsbereich des SGB II, das nur rudimentäre Regelungen zur Leistungserbringung kennt (Kingreen/Mayer/Mülder/Rambach, SGb 2022 S. 716, 718).
Rz. 3
Aus systematischen Gründen und im Hinblick auf den Regelungsumfang wurde als Standort nicht mehr § 77, sondern ein eigener Abschnitt gewählt. Im Gegensatz zu § 77 beziehen sich die Rahmenregelungen nicht ausschließlich auf die Zusammenarbeit von Trägern der öffentlichen mit Trägern der freien Jugendhilfe. Einbezogen sind auch die Einrichtungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe selbst, die der Gemeinden ohne eigenes Jugendamt (§ 69 Abs. 5) sowie der privat-gewerblichen Träger.
Rz. 4
Insgesamt markierten die §§ 78a ff. einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel hin zu mehr marktwirtschaftlichen Elementen in der Kinder- und Jugendhilfe. Für viele Jugendämter, aber auch für viele Einrichtungsträger ist das mit den Gedanken des Wettbewerbs verbundene Rollenverständnis auch heute noch fremd.
Rz. 5
In fiskalischer Hinsicht haben auch die Instrumente des Dritter Abschnitts (Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung) stetige Kostensteigerungen im Jugendhilferecht nicht aufhalten können (vgl. zur Kostenentwicklung die Angaben des Statistischen Bundesamtes u. a. im Bereich der "Ausgaben, Einrichtungen und Personal in der Jugendhilfe", im Bereich "Hilfe zur Erziehung und Angebote der Jugendarbeit", im Bereich "Kinderschutz und Kindeswohl", im Bereich Adoptionen und Sorgerecht u. a.; abrufbar unter: www.destatis.de, zuletzt abgerufen am 31.3.2023). Die Aufgaben der Jugendhilfe, die in kommunaler Hand liegen, machen heute einen Großteil kommunaler Haushalte aus.
Rz. 6
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).