Rz. 4
Die Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 sind für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen; Satz 1 enthält insoweit auch die Legaldefinition des Begriffs Vereinbarungszeitraum. Damit findet in Satz 1 das sog. Prospektivitätsgebot (also auf das Zukünftige gerichtet) Eingang in das Gesetz (vgl. eingehend zum Prospektivitätsgebot: DIJuF-Rechtsgutachten v. 1.7.2021, SN_2021_0422 Bn, JAmt 2021 S. 517; mit kritischen Anm. von Grube, JAmt 2022 S. 494). Dieses Prinzip der Vereinbarung auf einen zukünftigen Zeitraum wird als prospektives Entgeltsystem bezeichnet (Gerlach, ZKJ 2019 S. 57 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 12/5510 S. 11 v. 4.9.1993 zur entsprechenden Änderung von § 93 BSHG).
Rz. 4a
Die Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 entfalten daher nur Bindungswirkung für die Zukunft; eine Bindungswirkung für die Vergangenheit ist nach Satz 2 ausdrücklich ausgeschlossen. Nur im Rahmen von Vereinbarungen vor Schiedsstellen ist nach § 78d Abs. 2 Satz 3 HS 2 eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei der Schiedsstelle möglich (DIJuF-Rechtsgutachten v. 1.7.2021, SN_2021_0422 Bn, JAmt 2021 S. 517).
Rz. 4b
Zu den Folgen des Abschlusses einer nichtigen Vereinbarung vgl. zunächst Rz. 11. Dabei muss die Nichtigkeit objektiv feststehen. Die subjektive Einschätzung eines Jugendamts, eine Vereinbarung verstoße gegen das Prospektivitätsgebot bzw. gegen das Rückwirkungsverbot und sei daher nichtig, ist unzureichend. Eine gesetzlich geregelte Bindungswirkung entfällt nicht allein wegen der bloßen Ansicht. Die fehlende Bindungswirkung ist vielmehr im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO geltend zu machen. Die Bindungswirkung ist zudem inzident im Rahmen einer Klage auf Bezahlung von Leistungen überprüfbar (Grube, JAmt 2022 S. 494).
Rz. 5
Eine feste gesetzliche Laufzeit ist nach der Regelung des Abs. 1 Satz 1 nicht vorgegeben. In der Praxis werden die Leistungs- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen mit längerer Laufzeit geschlossen bzw. unverändert fortgeschrieben. Es kann freilich auch ein anderer (kürzerer oder längerer) Zeitraum vereinbart werden, wenn die besonderen Verhältnisse dies rechtfertigen (z. B. bei einer personellen Umstrukturierung in einer Einrichtung). Die Entgeltvereinbarung wird i. d. R. jährlich anhand der vom Einrichtungsträger aufgrund der Leistungsvereinbarung erstellten Kalkulation neu abgeschlossen, weil das Kalenderjahr Wirtschaftsjahr der Einrichtungen ist.