2.2.1 Inkrafttreten und Zeitpunkt nach Sätzen 1 und 2
Rz. 7
Die Wirksamkeit einer Vereinbarung kann nach Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 frühestens mit dem Tag ihres Abschlusses beginnen (d. h. dem Tag, an dem der letzte Vertragspartner den Vertrag unterschreibt, nicht etwa zu einem davor liegenden Zeitpunkt, der im Vertrag als Datum der Vereinbarung angegeben ist). Damit ist eine Rückdatierung des Geltungszeitraums vor diesen Zeitpunkt ausgeschlossen. Ein Verstoß hiergegen macht den Vertrag gemäß § 61 SGB X i. V. m. § 134 BGB unwirksam. Gegebenenfalls ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Vertragspartner den Vertrag auch mit späterem (zulässigen) Laufzeitbeginn in Kraft setzen wollten (Teilunwirksamkeit) oder ob der Vertrag insgesamt unwirksam ist. Dies ist Tatfrage im Einzelfall. Für den Fall der Anrufung der Schiedsstelle nach § 78g stellt § 78 Abs. 2 Satz 2 klar, dass die Vereinbarung bzw. der Beschluss der Schiedsstelle frühestens von dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei der Schiedsstelle an in Kraft gesetzt werden kann. Die Schiedsstelle hat aber auch die Möglichkeit, wenn die Verhältnisse des Falles dies rechtfertigen, einen späteren Zeitpunkt für das Wirksamwerden ihres Beschlusses festzusetzen (näher siehe bei der Kommentierung zu § 78g).
2.2.2 Rückwirkungsverbot nach Satz 3
Rz. 8
Satz 3 beinhaltet ein Rückwirkungsverbot; vor dem in Sätzen 1 und 2 festgelegten Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Vereinbarung wirkt dessen Inhalt nicht zurück. Eine Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig.
Rz. 9
Nach HS 2 ist eine Ausnahme vorgesehen, und zwar für Vereinbarungen vor der Schiedsstelle für die Zeit ab Eingang des Antrags bei der Schiedsstelle.
2.2.3 Weitergeltung nach Satz 4
Rz. 10
Durch Abs. 2 Satz 4 wird klargestellt, dass vereinbarte Vergütungen auch nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen weiter gelten. Vereinbarungen gelten nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums nach Abs. 3 Satz 4 bis zum Inkrafttreten einer neuen Vereinbarung weiter. Das gilt auch dann, wenn die Verhandlungspartner bereits neue Verhandlungen aufgenommen haben und hierbei vorläufige Abschlagszahlungen vereinbart haben (Bay VGH, Beschluss v. 23.3.2005, 12 B 01.1916). Einen vereinbarungslosen Zeitraum kann es also, wenn eine erste Vereinbarung zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen ist, nicht geben.
Rz. 11
Für den Fall einer nichtigen Vereinbarung kann und muss auf den Inhalt einer vorhergehende Vereinbarung zurückgegriffen werden; es gilt die alte Regelung nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums bis zum Inkrafttreten einer neuen Vereinbarung weiter (§ 78d Abs. 2 Satz 3). Für den Fall, dass keine vorhergehende Vereinbarung abgeschlossen wurde, ist der Träger gleichwohl i. S. d. § 78b Abs. 3 zur Übernahme des Leistungsentgelts verpflichtet, wenn dies – insbesondere nach Maßgabe der Hilfeplanung – im Einzelfall geboten ist (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten v. 1.7.2021, SN_2021_0422 Bn, JAmt 2021 S. 517; vgl. auch die Komm. zu § 78b).
Rz. 12
Die Vorschrift des § 78d Abs. 2 Satz 4 ist bei einem vertrags- bzw. vereinbarungslosen Zustand i. S. d. § 78b Abs. 1 nicht entsprechend anzuwenden (zutreffend VG Würzburg, Urteil v. 17.12.2009, W 3 K 09.740 Rz. 26, hier für einen Fall der geforderten aber unterbliebenen Vorlage einer Betriebserlaubnis nach § 45); Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 werden gemäß § 78b Abs. 2 nämlich grundsätzlich nur mit leistungsfähigen Trägern abgeschlossen. Nur wenn eine Vereinbarung i. S. d. § 78b Abs. 1 geschlossen ist, ist es gerechtfertigt, Lücken zwischen vertragsgemäß abgelaufenen Vereinbarungen und dem Inkrafttreten neuer Vereinbarungen, die sich ggf. wegen schwieriger Verhandlung verzögern, durch die Ergänzungsregelung des § 78d Abs. 2 Satz 4 zu schließen. Das ist Ausfluss der Privatautonomie, die verfassungsrechtlich nach Art. 2 GG garantiert ist.