Rz. 25
Für die gerichtliche Kontrolle gegen Schiedsstellenentscheidungen nach § 78g ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (§ 78g Abs. 2 Satz 2; vgl. zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs auch VG Magdeburg, Urteil v. 20.7.2020, 6 A 48/18 Rz. 14). Dabei stellt Abs. 2 Satz 2 eine lex specialis Regelung für die Rechtswegzuweisung dar, die der Generalnorm des § 40 VwGO vorgeht (so i.E. auch VG Magdeburg, Urteil v. 20.7.2020, 6 A 48/18 Rz. 14). Daher ist auch der Verwaltungsrechtsweg für das Eilverfahren eröffnet (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 2.5.2000, 1 M 126/99).
Rz. 26
Die Klage gegen die andere Vertragspartei ist eine isolierte Anfechtungsklage, der aufschiebende Wirkung zukommt (BVerwG, Beschluss v. 28.2.2002, 5 C 25/01; so auch Niedersächsisches OVG, Urteil v. 24.8.2005, 4 L 811/99; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile v. 8.9.2017, 13 A 1238/16, und v. 26.4.2004, 12 A 858/03; Hess. VGH, Beschluss v. 23.3.2004, 10 ZU 272/03; VG Schwerin, Urteil v. 18.4.2018, 6 A 1837/18; VG Arnsberg, Urteil v. 8.12.2009, 11 K 3688/08; VG Halle (Saale), Urteil v. 4.6.2019, 7 A 104/16 Rz. 26). Eine Nachprüfung des Beschlusses im Vorverfahren findet nicht statt (Abs. 2 Satz 4). Umgekehrt ist die Durchführung des Schiedsverfahrens zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht. Das stellt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Sonderregelung zu § 78 VwGO dar. Auch für das Eilverfahren ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Geht es um den Anspruch eines Einrichtungsträgers gemäß § 78c Abs. 2, ist eine Glaubhaftmachung der Existenzgefährdung im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht erforderlich (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 2.5.2000, 1 M 126/99). Obwohl es sich um einen Verwaltungsakt der Schiedsstelle handelt, ist sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der ausdrücklichen Regelung in Abs. 2 Satz 3 nicht Beklagte, sondern eine der beiden Vertragsparteien. Die Klage richtete sich daher zwangsnotwendig gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht aber gegen die Schiedsstelle selbst (instruktiv: VG Magdeburg, Urteil v. 20.7.2020, 6 A 48/18 Rz. 14).
Rz. 27
Etwas anderes kann sich nur dort ergeben, wo der Gebührenfestsetzungsbeschluss der Schiedsstele allein und isoliert Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist; in einem solchen Verfahren ist eine beklagte Schiedsstelle passivlegitimiert (zutreffend VG Magdeburg, Urteil v. 20.7.2020, 6 A 48/18 Rz. 18).
Rz. 28
Die Schiedsstelle ist als hoheitliches Vertragshilfeorgan ohne eigene materielle Rechte im Anfechtungsverfahren gegen den Schiedsspruch auch nicht notwendig beizuladen, ebenso wenig sind es die Bewohner der Einrichtungen bzw. deren Sorgeberechtigte, denn deren Interessen sind treuhänderisch von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu wahren (vgl. zur ähnlichen Problematik im SGB XI BSG, Urteil v. 14.12.2000, B 3 P 19/99 R).
Rz. 29
Ist die Anfechtungsklage zulässig erhoben, sind für die gerichtliche Kontrolle der Schiedsstellenentscheidung formelle und materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Schiedsstellenentscheidung zu unterscheiden.
Rz. 30
In formeller Hinsicht ist gerichtlich zu überprüfen, ob alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen wurden und ob die Abwägung frei von Einseitigkeit in einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden fairen und willkürfreien Verfahren erfolgte. Das heißt, die Ermittlung des Sachverhalts muss vollständig und unter Wahrung des rechtlichen Gehörs vorgenommen worden sein. Leidet der Schiedsspruch an einem solchen Mangel, ist er grundsätzlich schon deswegen aufzuheben; es sei denn, es liegt nach materiellen Kriterien ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor, in dem im Ergebnis keine andere als die von der Schiedsstelle (wenn auch auf formell rechtswidriger Grundlage) gefällte Entscheidung rechtmäßig ist (§§ 41 bis 43 SGB X).
Rz. 31
Greifen keine formellen Rügen gegen die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung durch, ist der von der Schiedsstelle zugrunde gelegte Sachverhalt auch für das gerichtliche Verfahren verbindlich. Denn die Zulässigkeit eines Nachschiebens von Gründen durch die Beteiligten würde die Wirksamkeit des Schiedsstellenverfahrens mit dem nach dem Gesetz nur dort verorteten speziellen Sachverstand entwerten.
Rz. 32
In materieller Hinsicht unterliegt der Schiedsspruch nach § 78g Abs. 2 nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. stellv. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 22.9.2020, 4 L 260/19). Der Schiedsstelle ist ein Beurteilungsspielraum, eine Einschätzungsprärogative, zu belassen (VG Schwerin, Urteil v. 18.4.2018, 6 A 1837/15 SN). Die gerichtliche Kontrolle der Schiedsstellenentscheidung ist daher bei ordnungsgemäß ermitteltem Sachverhalt auf die Nachprüfung beschränkt, ob der Sachverhalt vollständig ermittelt wurde, ob notwendige Abwägungen (überhaupt) durchgeführt wurden, ob also die Bewertungen der Schiedsstelle und die Abwägung die wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, also inhaltlich frei vo...