2.2.1 Beteiligung im Verwaltungsverfahren

 

Rz. 7

Als Antragsteller oder Antragsgegner, als Adressat eines künftigen Verwaltungsaktes ist das Kind oder der Jugendliche nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X Verfahrensbeteiligter. In Bezug auf Verfahrensrechte enthält in dieser Konstellation das SGB X die spezielleren Regelungen. Die spezifische Zielsetzung des Beteiligungsrechts aus Abs. 1 Satz 1 geht dahin, dem Kind oder dem Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, seine Wünsche und Beweggründe mitzuteilen. Der Betroffene soll somit aktiv an den ihn berührenden Angelegenheiten beteiligt werden. Ferner soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Möglichkeit erhalten, sich einen Eindruck zu verschaffen, wenn "die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind …" (vgl. § 159 FamFG 50b FGG). Der Gesetzgeber hat Regularien, die für das Sorgerechtsverfahren in §§ 50b, 59 FGG a. F. normiert sind waren, übernommen.

2.2.2 Antragsrecht

 

Rz. 8

Das Recht, Sozialleistungen zu beantragen und solche entgegenzunehmen, steht dem Jugendlichen gemäß § 36 SGB I von der Vollendung des 15. Lebensjahres an zu. Das Antragsrecht hat nicht nur verfahrensrechtliche Bedeutung; es ist bei zahlreichen sozialrechtlichen Ansprüchen materielle Voraussetzung. Dies gilt auch für die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, soweit das Gesetz subjektive Rechte des Jugendlichen normiert. Die Bedeutung des Antragsrechts ist deshalb im Regelungsbereich des SGB VIII gering, weil die dort geregelten Leistungen an Kinder und Jugendliche keine subjektiven Rechte des Einzelnen normieren. Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. § 2 Abs. 2) haben überwiegend Angebotscharakter; die Leistungsempfänger haben ein Wunsch- und Wahlrecht bei der Ausgestaltung der Hilfen (vgl. § 5). Kindern und Jugendlichen wird ein Mitspracherecht entsprechend ihrem Entwicklungsstand garantiert. Der Gesetzgeber normiert hier eine objektiv-rechtliche Verpflichtung, die der Konkretisierung bedarf. Als Angebot ist nicht das Vorhalten einer Einrichtung oder sonstiger personeller oder sächlicher Mittel zu sehen, sondern ein auf die konkrete Inanspruchnahme zugeschnittenes spezifiziertes und individualisiertes Leistungsangebot. Dieses stellt die Sozialleistung dar (vgl. im Einzelnen § 2 Rz. 7). Bei den im SGB VIII geregelten Erziehungsleistungen sind nicht Kinder oder Jugendliche, sondern Eltern, Personensorgeberechtigte und Erziehungsberechtigte anspruchsberechtigt.

2.2.3 Verfahrenspflegschaft

 

Rz. 9

Eine weitere verfahrensrechtliche Stärkung der Stellung von Kindern und Jugendlichen sieht § 158 FamFG vor. Über die Verfahren zur geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen (vgl. § 167 FamFG) hinaus hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist (§ 158 Abs. 1 FamFG). Gemäß § 158 Abs. 2 FamFG ist die Bestellung des Verfahrensbeistands i. d. R. erforderlich,

  1. wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
  2. in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge in Betracht kommt,
  3. wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
  4. in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben, oder
  5. wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.

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