2.2.1 Leistungen nach diesem Buch
Rz. 5
Unter dem Begriff "Leistungen nach diesem Buch" sind ausschließlich die im Leistungskatalog des § 2 Abs. 2 definierten Leistungen der Jugendhilfe zu verstehen. Darunter fallen also nicht die "anderen Aufgaben" des Jugendhilfeträgers i. S. d. § 2 Abs. 3. Je nach Intention solcher Leistungen stehen diesen jeweils unterschiedliche Anspruchsberechtigte gegenüber. Ist für eine Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35 a das Kind bzw. der Jugendliche selbst anspruchsberechtigt, so trifft dies beispielsweise für eine Hilfe zur Erziehung, zu deren Inanspruchnahme nur der Personensorgeberechtigte nach § 27 Abs. 1 berechtigt ist, nicht zu. Darüber hinaus geht das SGB VIII von weiteren Anspruchsberechtigten aus, z. B. den Eltern bzw. den Elternteilen, den Erziehungsberechtigten eines Kindes oder Jugendlichen wie auch etwa von Müttern/Vätern im Fall der Gewährung einer Leistung nach §§ 16 bis 20. Zu den jeweiligen Begriffsbestimmungen vgl. auch die Erläuterungen zu § 7. § 86 gilt insbesondere auch für die Betreuung in der Kindertagespflege sowie in Kindertageseinrichtungen, weil es sich hierbei ebenfalls um "Leistungen" i. S. d. § 2 Abs. 2 handelt, ungeachtet ihrer etwaigen landesrechtlich unterschiedlich geregelten Finanzierungsform (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 14.11.2002, 5 C 57/01).
Rz. 6
Für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 86 kommt es vor dem Hintergrund der systematischen Unterscheidung verschiedener Hilfsangebote nach § 2 Abs. 2 im Hinblick auf einen i. d. R. länger andauernden kontinuierlichen Hilfeprozess nicht entscheidend darauf an, ob im Laufe der Hilfegewährung ggf. mehrere – ihrer Form nach unterschiedliche – Leistungen nach § 2 Abs. 2 zur Deckung eines konkreten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich werden. Das bedeutet, die Änderung einer zunächst als Vollzeitpflege nach § 33 ausgestalteten Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 in eine unmittelbar daran anschließende (notwendig werdende) Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35a (z. B. in einer Einrichtung) ist kein zuständigkeitsänderndes Merkmal i. S. d. Gewährung einer "neuen" Leistung. Die in § 2 Abs. 2 definierten Leistungen sind ungeachtet ihrer Ausgestaltungsform untereinander austauschbar, unter Umständen sogar auch zum Teil zeitgleich nebeneinander zu gewähren, sollte es sich z. B. um eine ambulante Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35a neben einer bestehenden Vollzeitpflege nach § 33 handeln (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 29.1.2004, 5 C 9/03). Im Vordergrund der Gesetzesauslegung steht dabei die Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Rahmen einer in aller Regel auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfegewährung. Der dementsprechend auf eine Gesamtbetrachtung des konkreten Hilfebedarfs abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff bedeutet deshalb weder, dass jede neue Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer neuen Leistung markiert, noch, dass es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne eines Beginns einer "Jugendhilfekarriere" ankommt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.2.2012, 12 A 1263/11; Urteil v. 21.3.2014, 12 A 1211/12).
2.2.2 Örtliche Träger
Rz. 7
Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden nach § 69 Abs. 1 durch Landesrecht bestimmt, wobei jeder örtliche Träger ein Jugendamt und jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt zu errichten hat (§ 69 Abs. 3). Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, regelt das jeweilige Bundesland selbst. § 69 Abs. 1 wurde durch Art. 1 Nr. 13a KiföG zum 16.12.2008 neu gefasst. Nr. 13b hob die bis dahin geltenden Absätze 2, 5 und 6 ersatzlos auf.
Rz. 8
§ 69 Abs. 4 ermöglicht es örtlichen und überörtlichen Trägern, gemeinsame Einrichtungen und Dienste zu errichten, um spezielle Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe – auch länderübergreifend – auszuführen.
2.2.3 Eltern
Rz. 9
Eltern i. S. d. die Zuständigkeit regelnden Norm des § 86 sind zunächst einmal der Vater und die Mutter eines Kindes; die Mutter ist die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Der Vater des Kindes ist, wer entweder zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist (§ 1592 Nr. 1 BGB) oder die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2 BGB) bzw. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 Nr. 3 BGB). Liegt keine Vaterschaftsanerkennung bzw. gerichtliche Feststellung vor und ist die Mutter zum Geburtszeitpunkt nicht verheiratet, existiert ein Vater im Rechtssinne nicht.
Rz. 10
Über die "leiblichen" Eltern des Kindes hinaus gelten aber auch Adoptiveltern als Eltern i. S. d. § 86, soweit hier die Adoption durch rechtskräftige Entscheidung des Familiengerichts abgeschlossen worden ist. Keine Eltern in diesem Sinne sind allerdings Stiefeltern sowie Pflegeeltern.
2.2.4 Gewöhnlicher Aufenthalt
Rz. 11
Sowohl § 86 als auch die übrigen Zuständigkeitsregelungen des Siebten Kapitels (Zuständigkeit, Kostenerstattung) knüpfen für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit eines Jugendhilfeträgers im Regelfall an den gewöhnlichen Aufenthalt von Personen an (Eltern, maßgeblicher Elternteil, Kind oder Ju...