2.1 Gewöhnlicher Aufenthalt des jungen Volljährigen (Abs. 1)
2.1.1 Vor Beginn der Leistung
Rz. 3
Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit im Falle der Leistungsgewährung an junge Volljährige ist deren g.A. (zur Begriffsbestimmung vgl. Komm. zu § 86) vor Beginn der Leistung (zum Begriff "vor Beginn der Leistung" vgl. Ausführungen zu § 86). Ausschlaggebend ist hier also der Lebensmittelpunkt des jungen Volljährigen, den er unmittelbar vor Leistungsbeginn hatte.
2.1.2 Prinzip der fortgesetzten Zuständigkeit
Rz. 4
Durch die Anknüpfung an den g.A. vor Beginn der Leistung scheidet ein späterer Zuständigkeitswechsel, selbst wenn der junge Volljährige seinen g.A. in den Bereich eines anderen als den bei Leistungsbeginn zuständigen Trägers verlegen sollte, aus. Dieses Prinzip der fortgesetzten Zuständigkeit wird auch nicht dadurch durchbrochen, dass unter Umständen im weiteren Verlauf der Gewährung einer Hilfe für junge Volljährige nach § 41 eine Änderung der Hilfeform (z. B. Umwandlung einer als Volljährigenhilfe ausgestalteten Vollzeitpflege nach § 33 in ein Betreutes Wohnen nach § 34) notwendig wird. In diesen Fällen ist an den Leistungskatalog in § 2 Abs. 2 anzuknüpfen, wonach der Begriff "Leistungen" mit den darin aufgeführten verschiedenen Hilfemaßnahmen definiert wird, ganz gleich, in welcher Form sie bedarfsorientiert ausgestaltet werden. Unter der "Leistung" sind demnach alle – je nach Bedarfslage auch austauschbaren – Hilfemaßnahmen (Hilfeformen) zu verstehen, die auf die Deckung des für die Hilfe für junge Volljährige spezifischen Hilfebedarfs zielen (vgl. auch BVerwG, Urteil v. 14.11.2002, 5 C 56.01, NDV-RD 03/2003 S. 50). Dafür spricht zudem der Grundsatz der "Kontinuität des Hilfeprozesses", um – für den bei diesem Personenkreis nicht untypischen Fall einer pädagogisch angezeigten Änderung der Hilfeform während des laufenden Hilfeprozesses – keinen Zuständigkeitswechsel eintreten zu lassen. Durch diese Regelung werden darüber hinaus aufwändige Kostenerstattungsverfahren vermieden.
2.2 Schutz der Einrichtungsorte (Abs. 2)
2.2.1 Normzweck
Rz. 5
Die Regelung des § 86a Abs. 2 stellt sicher, kommunale Gebietskörperschaften, in deren Zuständigkeitsbereich sich Einrichtungen oder sonstige Wohnformen befinden, mit der Möglichkeit, dort im Hinblick auf eine längere Verweildauer einen g.A. zu begründen, nicht mit ungerechtfertigt überproportionalen Kosten zu belasten. Im Gegensatz zu den Kostenerstattungsnormen, hier insbesondere § 89 e, die einen Kostenausgleich (erst im Nachhinein) auf der reinen Finanzebene schaffen, hat der Gesetzgeber bereits bei der örtlichen Zuständigkeit, also vor Leistungsaufnahme, eine Regelung geschaffen, die den Aufenthalt in einer der genannten Einrichtungen oder sonstigen Wohnformen von vornherein als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit unberücksichtigt lässt. Sofern es sich um eine Mehrzahl von Einrichtungen handelt, in denen sich der junge Volljährige durchgängig aufgehalten hat, ist auf den g.A. vor Aufnahme in die erste Einrichtung abzustellen. Dabei ist nicht relevant, ob in dieser Einrichtung bzw. in den Einrichtungen zuvor Leistungen der Jugendhilfe gewährt worden sind oder nicht. Die Rechtswirkung des Abs. 2 endet, wenn der junge Volljährige die Einrichtung oder sonstige Wohnform verlässt, ohne in eine neue dieser Art (stationär oder auch teilstationär) überzuwechseln. In der Regel wird dieser Wechsel mit einer Beendigung der Hilfe für junge Volljährige und einer daran anschließenden selbständigen Lebensführung im eigenen Haushalt einhergehen, im Bedarfsfall eventuell noch für einen gewissen Zeitraum unter Einbeziehung "lockerer" Beratung und Unterstützung im Rahmen der Nachbetreuung nach § 41 Abs. 3.
Nicht geschützt ist der Aufenthalt eines jungen Volljährigen in einer Familienpflegestelle. Das ergibt sich – abgesehen vom reinen Wortlaut des § 86a im Unterschied zu dem des § 89e – insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregelung in Abs. 2, der (nur) die jeweiligen Anstaltsorte, in denen sich "Einrichtungen oder sonstige Wohnformen" befinden, vor übermäßigen finanziellen Belastungen bewahren will (vgl. Regierungsbegründung zu § 86a SGB VIII, BT-Drs. 12/2866 S. 1992; Hamburgisches OVG, Beschluss v. 3.4.2000, 4 Bf 300/99, DAVorm 2000 S. 1030 = ZfJ 2001 S. 58 = FEVS 52 S. 162).
2.2.2 Geschützte Einrichtungsarten
Rz. 6
Im Interesse der kommunalen Gebietskörperschaften, in deren Bereich Einrichtungen und sonstige Wohnformen der in Abs. 2 genannten Art gelegen sind, vor allem aber auch dem Normzweck entsprechend, ist die Vorschrift weit auszulegen. Geschützt sind deshalb insbesondere
- Psychiatrien,
- Einrichtungen der Eingliederungshilfe,
- Krankenhäuser,
- Pflegeheime,
- Rehabilitationseinrichtungen,
- Frauenhäuser,
- Einrichtungen der Berufsausbildung,
- Internate,
- Einrichtungen des Jugend- und Erwachsenenstrafvollzugs,
- sonstige, einrichtungsbezogene Wohnformen außerhalb der Jugendhilfe (z. B. für Suchtkranke, psychisch Kranke, etc.).
Rechtserheblich i. S. d. § 86a sind allerdings ausschließlich diejenigen Einrichtungen, die auch tatsächliche Betreuungsleistungen erbringen. Eine Einrichtung, die mehr oder minder "nur" Beratungsgespräche oder auch psychosoziale Betreuung in Gestalt der Vermi...