2.4.1 Fortsetzung bestimmter Leistungen bzw. Volljährigenhilfe
Rz. 8
§ 86a Abs. 4 regelt die Fortdauer der bereits zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit nach § 86 eingetretenen Zuständigkeit bei Leistungen nach § 13 Abs. 3 (Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen) sowie § 21 (Notwendige Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht) für die Zeit ab Eintritt der Volljährigkeit. Ein Zuständigkeitswechsel findet hier nicht statt. Darüber hinaus bleibt die bis zum Eintritt der Volljährigkeit auf § 86 bzw. § 86b (bei Leistungen nach § 19) basierende örtliche Zuständigkeit auch dann unverändert bestehen, soweit die zuvor genannten Hilfen (§ 13 Abs. 3, § 21), eine Leistung nach § 19 (gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder) oder eine Hilfe nach §§ 27 bis 35a als Hilfe für junge Volljährige nach § 41 fortgeführt werden. Gleiches gilt in den Fällen, in denen eine zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit begonnene Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 in Form der Vollzeitpflege nach § 33, die als eine auf Dauer angelegte Lebensform prognostiziert worden ist (dementsprechend richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6), nach Eintritt der Volljährigkeit – aus welchen Gründen auch immer – beispielsweise in einem Heim, einer sonstigen betreuten Wohnform oder ggf. in einer anderen Vollzeitpflegestelle fortgesetzt werden muss. Auch hier ist die Zuständigkeit – entgegen dem Regelungszweck des § 86 Abs. 6 Satz 3 – nicht (mehr) neu zu bestimmen (siehe hierzu Rz. 4; vgl. auch Loos, in: Wiesner, 5. Aufl. 2015, § 86 a Rz. 10; Kunkel/Kepert, in: Lehr- und Praxiskommentar, 5. Aufl. 2014, § 86 a Rz. 13). Eine erneute Zuständigkeitsbestimmung ergäbe sowohl im Hinblick auf den in Relation zur Gesamtdauer der Hilfemaßnahme (Minderjährigen- einschließlich Volljährigenmaßnahme) in aller Regel noch verbleibenden überschaubaren (Rest)Hilfezeitraum als auch den kontinuierlichen Hilfeprozess keinen pädagogisch tiefgreifenden Sinn. Insbesondere steht in diesen Fällen zwangsläufig nicht mehr die Zielsetzung der Minderjährigenhilfe im Vordergrund, in Anwendung der im Hilfeplan festgelegten pädagogischen Mittel und Vorgaben die Reintegration des Kindes oder Jugendlichen in die Herkunftsfamilie zu erreichen zu versuchen, sondern vielmehr die Förderung/Stabilisierung der Persönlichkeitsentwicklung des nunmehr – an sich für sich selbst verantwortlichen – jungen Volljährigen.
2.4.2 Unschädliche Unterbrechung der Hilfeleistung
Rz. 9
§ 86a Abs. 4 Satz 2 geht in Anlehnung an die bisherige Regelungssystematik der fortgesetzten Zuständigkeit selbst dann von einer Fortsetzung der "Hilfeleistung" durch den bislang örtlich zuständigen Träger aus, wenn es zum Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres zu einer Unterbrechung der Hilfe kommen sollte, die nicht länger als 3 Monate andauert. In der Praxis sind solche von den jungen Volljährigen ausgehende Unterbrechungen der Hilfeleistungen nicht selten anzutreffen, wobei dann in den meisten Fällen kurze Zeit später wieder eine Fortführung begehrt wird. Um in derartigen Situationen keine neue Zuständigkeitsprüfung erforderlich werden zu lassen, bleibt der bis zur Unterbrechung der Hilfeleistung zuständige Träger auch für die Weiterführung zuständig. Unter "Hilfeleistung" sind ausschließlich die in Satz 1 aufgeführten Leistungen zu verstehen.
Rz. 10
§ 86a Abs. 4 Satz 3 dient der Präzisierung des Satzes 2. Er wurde im Rahmen des 2. SGB VIII-ÄndG angefügt. Hierdurch wird klargestellt, dass eine Unterbrechung i. S. d. Satzes 2 nach Eintritt der Volljährigkeit ebenfalls keine erneute Zuständigkeit begründet. Auch hier gilt: Der zuvor zuständige Jugendhilfeträger bleibt in diesen Fällen weiterhin in der Leistungspflicht. Die Vorschrift stellt nicht darauf ab, dass innerhalb der Frist erneut geleistet oder eine weitere Leistung nach § 41 erbracht wird, sondern sie verlangt, dass die Hilfe erneut erforderlich wird. Dem Wortsinn nach erforderlich wird eine bestimmte Hilfe für junge Volljährige bereits dann, wenn ein darauf bezogener Bedarf besteht und dies einem Jugendhilfeträger zur Kenntnis gebracht bzw. an ihn herangetragen wird, so dass sich dieser zum Tätigwerden veranlasst sieht, also die Hilfeleistung als notwendig ansehen muss (zitiert nach BVerwG, Urteil v. 28.4.2016, 5 C 13/15, BVerwGE 155 S. 140, JAmt 2016 S. 503). Allerdings dürfte Satz 3 aus Anlass seiner Anfügung und einer dadurch verursachten Regelungslücke großzügig auszulegen sein, denn seinem Wortlaut nach bezieht er sich lediglich auf eine Hilfe für junge Volljährige nach § 41, nicht jedoch auf Leistungen nach § 13 Abs. 3 und § 21. Um das mit der Gesetzesänderung Gewollte zu erreichen, bedingt Satz 3 daher eine analoge Anwendung seiner Rechtswirkung auf diese Leistungen und deren Unterbrechung.
Rz. 11
Sollte der Unterbrechungszeitraum länger als 3 Monate andauern, bedarf es einer neuen Zuständigkeitsbestimmung.