2.1 Gewöhnlicher Aufenthalt der/des Leistungsberechtigten (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 3
Für die Gewährung von Leistungen nach § 19 ist der g.A. der leistungsberechtigten Mutter bzw. des leistungsberechtigten Vaters vor Beginn der Leistung maßgeblich. Zu den Begrifflichkeiten "Leistung", "vor Beginn der Leistung" sowie "gewöhnlicher Aufenthalt" siehe Ausführungen zu § 86 Rz. 11 bis 18. Derjenige Jugendhilfeträger, in dessen Bereich also der anspruchsberechtigte Elternteil den g.A. hat, wird durch diese Norm zu dem für die Hilfegewährung örtlich zuständigen Träger bestimmt.
2.2 Schutz der Einrichtungsorte (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 4
Entsprechende Anwendung findet die Regelung des § 86a Abs. 2 über den Schutz der Einrichtungsorte – in der Praxis häufig auch als "Anstaltsorte" bezeichnet –, wonach Aufenthalte der/des Leistungsberechtigten in Einrichtungen oder sonstigen Wohnformen, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dienen, von der Zuständigkeitsbestimmung des Jugendhilfeträgers, in dessen Jugendamtsbereich derartige Einrichtungen gelegen sind, ausgenommen werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 86a Abs. 2 und § 89 e). Dies bedeutet: Hält sich der leistungsberechtigte Elternteil, bevor er in eine Mutter-/Vater-Kind-Einrichtung aufgenommen wird, in einer (anderen) Einrichtung i. S. d. § 86a Abs. 2 auf, so ist für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit auf den g.A. vor Aufnahme in die andere (erste) Einrichtung abzustellen.
2.3 Tatsächlicher Aufenthalt der/des Leistungsberechtigten bei fehlendem gewöhnlichen Aufenthalt (Abs. 2)
Rz. 5
Die Vorschrift des § 86b Abs. 2 regelt den Fall, in dem die leistungsberechtigte Mutter oder der leistungsberechtigte Vater vor Beginn der Leistung nach § 19 im Inland keinen g.A. hatte. Mangels vorhandenem g.A. ist hiernach der tatsächliche Aufenthalt, also die physische Anwesenheit, maßgeblich. Zur Begriffsdefinition des tatsächlichen Aufenthaltes vgl. Erläuterungen zu § 6.
2.4 Gemeinsame Wohnform als Anschlussleistung (Abs. 3 Satz 1)
Rz. 6
§ 86b Abs. 3 Satz 1 geht für den Fall der Gewährung einer Leistung gemäß § 19 als unmittelbare "Anschlussleistung" an eine bereits gewährte Hilfe nach §§ 27 bis 35a, § 13 Abs. 3, § 21 oder § 41 von der vormals eingetretenen örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers aus. Das bedeutet, dass der bis dato örtlich zuständige Jugendhilfeträger, der beispielsweise eine Hilfe zur Erziehung nach § 27 in Form der Heimpflege nach § 34 gewährte, über diese Hilfeform hinaus auch für eine solche nach § 19 örtlich zuständig bleibt. Damit wird der bis dahin verlaufene Hilfeprozess nicht durch einen unnötigen Zuständigkeitswechsel unterbrochen und die Kontinuität der unter Umständen bisher erfolgreich geleisteten pädagogischen Arbeit bleibt weiterhin gewahrt. Ein Zuständigkeitswechsel findet insofern nicht statt. Etwas Anderes gilt im umgekehrten Falle. Schließt sich unmittelbar an eine Leistung nach § 19 beispielsweise eine Leistung nach §§ 27/33 oder 34 an, ist für diese (neue) Leistung die örtliche Zuständigkeit nach den dann gegebenen Umständen zu beurteilen. "Beginn der Leistung" ist in diesem Fall nicht der Beginn der Leistung nach § 19 (VG Hamburg, Urt. v. 15.6.2009, 13 K 2641/07 im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 29.1.2004, 5 C 9/03, zitiert nach juris; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 19.10.2011, 12 A 1493/11, EuG 2012 S. 378).
2.5 Unschädliche Unterbrechung der Hilfeleistung (Abs. 3 Satz 2)
Rz. 7
§ 86 b Abs. 3 Satz 2 stellt klar, dass eine Unterbrechung der Leistung – aus welchen Gründen auch immer – von bis zu 3 Monaten keine Auswirkungen auf die örtliche Zuständigkeit des bis dahin zuständigen Trägers hat. Sollte die Hilfemaßnahme, i. d. R. von der Mutter oder dem Vater ausgehend, zunächst abgebrochen, sodann anschließend auf Wunsch doch fortgeführt werden, was in der täglichen Jugendhilfepraxis nicht unüblich ist, bleiben derartige Unterbrechungen bis zu dem eingangs genannten Zeitraum unberücksichtigt. Der bis zum Zeitpunkt der unschädlichen Unterbrechung örtlich zuständige Jugendhilfeträger steht demnach weiterhin in der Verpflichtung, die unterbrochene Maßnahme im Zuge der bei ihm verbleibenden Zuständigkeit fortzuführen. Eine neue Zuständigkeitsprüfung wird hierdurch also nicht ausgelöst. Dabei dürfte es – so wie in den Fällen des § 86 a Abs. 4 Satz 3 – darauf ankommen, dass der entsprechende Bedarf innerhalb des 3-Monats-Zeitraums an den Jugendhilfeträger herangetragen wird und nicht, dass die Hilfe innerhalb der Frist wieder aufgenommen werden muss (vgl. BVerwG, Urteil v. 28.4.2016, 5 C 13/15, BVerwGE 155 S. 140, JAmt 2016 S. 503).