Rz. 4
Die Zuständigkeit des § 87 endet, sofern die Maßnahme nach § 42 beendet wird. Diese Maßnahme, die Inobhutnahme endet nicht bereits mit der vorläufigen Unterbringung in einer geeigneten Einrichtung oder Wohnform oder mit der Wegnahme von einer anderen Person, etwa den Erziehungsberechtigten (§ 42 Abs. 1 Satz 2). Schon der Wortlaut des § 42 Abs. 3 lässt erkennen, dass das Jugendamt während der fortdauernden Inobhutnahme verschiedene Rechtshandlungen vorzunehmen hat. Hinzu kommen die Aufgaben des Jugendamtes nach § 42 Abs. 3 (Gefährdungseinschätzung sowie ggf. eine familiengerichtliche Entscheidung über Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen). Die Inobhutnahme endet gemäß § 42 Abs. 4 mit der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten (Nr. 1) oder mit der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Nr. 2 – sog. Anschlusshilfen). Umstritten ist, ob die Zuständigkeit nach § 87 auch die Durchführung eines Hilfeplanverfahrens und die Gewährung von Anschlusshilfen mit umfasst. § 42 Abs. 3 Satz 5 benennt als Aufgabe nur die Einleitung des Hilfeplanverfahrens, nicht dessen Durchführung. Dies spricht für eine Eingrenzung der Zuständigkeit nach § 87 (so zu Recht: Lange, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 87 Rz. 20 mit Hinweis auf VG Freiburg, Urteil v. 24.4.2012, 3 K 2715/10). Eine daran anschließende Leistung, beispielsweise eine Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff., erfordert eine neue Zuständigkeitsprüfung gemäß § 86, da es sich hierbei im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut in § 86 "Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ..." sowie "vor Beginn der Leistung" und der entsprechenden Begriffsdefinitionen des § 2 Abs. 2 und 3 nicht (mehr) um die Erfüllung einer "anderen Aufgabe" nach § 2 Abs. 3, sondern um die Gewährung einer "Leistung" i. S. d. § 2 Abs. 2 handelt. Eine Ausnahme hiervon bildet der Personenkreis der um Asyl nachsuchenden Kinder und Jugendlichen, für den die nach § 87 begründete Zuständigkeit auch für anschließende Leistungen bestehen bleibt.
Rz. 5
Die Rückführung eines Kindes oder Jugendlichen in den elterlichen Haushalt oder den der Großeltern ist nach überwiegender Auffassung in der Literatur (Lange, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 87 Rz. 24 mit Hinweis auf Trenczek, in: Frankfurter Komm., SGB VIII, § 42 Rz. 49; Wiesner, SGB VIII, § 42 Rz. 44) nicht mehr der Inobhutnahme nach § 42 Abs. 4 Satz 1 zuzurechnen. Vereinzelte verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zeigen allerdings, dass die Beurteilung stark von den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles abhängt (VG Mainz, Urteil v. 3.7.2018, 1K 849/17.Mz; VG Saarbrücken, Urteil v. 6.2.2019, 3 K 1411/17). Kann das Kind oder der Jugendliche, aus welchen Gründen auch immer, nicht von den Sorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten abgeholt werden, und wird der Leistungsberechtigte von Mitarbeitern des nach § 87 zuständigen Jugendamtes zu ihnen oder in eine andere Unterbringungsstätte gebracht, so bleibt die Zuständigkeit bis zur Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen bestehen.