2.1 Zuständigkeit zur Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 3
§ 87b Abs. 1 Satz 1 bestimmt als sog. "Grundnorm" die örtliche Zuständigkeit des Jugendamtes zur Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren vor den Familiengerichten sowie in Verfahren nach dem JGG i. S. d. §§ 50 bis 52. Die Vorschrift weist dabei keinen eigenständigen – die örtliche Zuständigkeit betreffenden – Regelungsgehalt auf, sondern verweist auf die entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 bis 4. Entsprechend anwendbar sind demnach ausschließlich Abs. 1 bis 4, nicht jedoch Abs. 5 bis 7. Außer Acht gelassen werden u. a. also die nach Leistungsbeginn eintretenden und die örtliche Zuständigkeit verändernden Umstände. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich demnach nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, des personensorgeberechtigten bzw. maßgeblichen Elternteils, dem des Kindes oder Jugendlichen bzw. hilfsweise nach deren tatsächlichem Aufenthalt vor Beginn der Leistung. Da es sich bei der Mitwirkung des Jugendamtes in den verschiedenen gerichtlichen Verfahren nicht um die Gewährung einer Leistung nach § 2 Abs. 2 handelt, vielmehr um die Erfüllung einer anderen Aufgabe i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 6 bis 8, und § 86 Abs. 1 bis 4 (nur) entsprechend anzuwenden ist, kann mit "Beginn der Leistung" im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Jugendhilferegelung allenfalls der Zeitpunkt gemeint sein, zu dem das Jugendamt eingeschaltet wird, und nicht derjenige etwa, zu dem bereits das gerichtliche Verfahren eingeleitet wird.
2.2 Zuständigkeit für die Mitwirkung im Verfahren nach dem JGG (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 4
In Anbetracht dessen, dass in jugendgerichtlichen Verfahren neben Minderjährigen auch junge Volljährige (§ 105 JGG) involviert sein können, bedurfte es – Abs. 1 Satz 1 folgend – auch einer gesetzlichen Regelung zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 86a. Abs. 1 Satz 2 weist allerdings lediglich auf die (entsprechende) Anwendung des § 86a Abs. 1 und 3 hin. Damit kommt es für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit in jugendgerichtlichen Verfahren junger Volljähriger nur auf deren gewöhnlichen bzw. hilfsweise auf deren tatsächlichen Aufenthalt an. Der Einrichtungsschutz des § 86a Abs. 2 sowie die fortgesetzte örtliche Zuständigkeit nach § 86a Abs. 4 bleiben insofern unberücksichtigt.
Rz. 5
Anders als in § 105 JGG geregelt, gilt Abs. 1 Satz 2 für die Fälle, in denen der junge Volljährige zu Beginn des jugendgerichtlichen Verfahrens das 18. Lebensjahr vollendet hat. Der Tatzeitpunkt dagegen ist nicht maßgeblich.
2.3 Fortgesetzte Zuständigkeit bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens (Abs. 2 Satz 1)
Rz. 6
§ 87b Abs. 2 Satz 1 lässt die einmal nach § 86 Abs. 1 bis 4 begründete örtliche Zuständigkeit des mitwirkenden Jugendamtes bis zum Abschluss der bei den Familiengerichten anhängigen Verfahren fortbestehen. Während des laufenden gerichtlichen Verfahrens ändert sich demnach die örtliche Zuständigkeit nicht, selbst dann nicht, wenn sich die bei Leistungsbeginn (durch Einschaltung des Jugendamtes) eingetretene örtliche Zuständigkeit zu einem späteren Zeitpunkt nach § 86 ändern würde, weil beispielsweise die Eltern oder der personensorgeberechtigte Elternteil den gewöhnlichen Aufenthalt wechseln. Die Bestimmung ist im Übrigen auch auf die Fälle der Adoptionsverfahren anzuwenden, in denen die Einwilligung eines Elternteils zur Adoption durch das Familiengericht nach § 1748 BGB ersetzt werden soll.
Rz. 7
Unter dem Abschluss des Verfahrens ist die Beendigung des Verfahrens durch ein rechtskräftiges Urteil bzw. einen rechtskräftigen Beschluss zu verstehen.
2.4 Fortgesetzte Zuständigkeit über das jugendgerichtliche Verfahren hinaus (Abs. 2 Satz 2)
Rz. 8
§ 87b Abs. 2 Satz 2 verlängert die nach Abs. 1 begründete und nach Abs. 2 Satz 1 bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens andauernde örtliche Zuständigkeit über den Abschluss eines jugendgerichtlichen Verfahrens hinaus, sofern ein Jugendlicher oder junger Volljähriger in den letzten 6 Monaten vor dem Verfahrensabschluss in einer Justizvollzugsanstalt verbracht hat. Die Zuständigkeit dauert in diesen Fällen auch nach der Entlassung aus der JVA an, und zwar so lange, bis der Jugendliche oder junge Volljährige einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, längstens allerdings bis zum Ablauf von 6 Monaten nach dem Tage seiner Entlassung aus der JVA. Die Regelung knüpft an § 38 Abs. 2 Satz 9 JGG an und folgt damit der Intention der Jugendgerichtshilfe, die ebenfalls über den Zeitpunkt des Abschlusses jugendgerichtlicher Verfahren hinausgeht.
2.5 Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden (Abs. 3)
Rz. 9
Ist die örtliche Zuständigkeit eines Jugendamtes für die Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren (§§ 50 bis 52) nicht feststellbar oder wird der für die Erfüllung der Aufgabe an sich örtlich zuständige Träger (das Jugendamt) – aus welchen Gründen auch immer – nicht tätig, so ist nach dem Vorbild des § 86d auf den tatsächlichen Aufenthalt des jungen Menschen vor Beginn der Leistung abzustellen. In entsprechender Anwendung des § 86d bedeutet dies, dass der örtliche Träger zum vorläufigen Tätigwerden verpflichtet ist, in dessen Bereich der junge Mensch vor Beginn des familien- oder jugendgerichtlichen Verfahrens seinen tatsächlichen Aufenthalt hat. Die Pflicht zum vorläufigen Tätigwerden endet, sobald das an sich zuständige Jugendamt ermittelt ist und die Mitwirkung in dem gerichtlichen Ver...