0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 87b gilt seit dem 1.1.2012 i. d. F. der Bekanntmachung v. 11.9.2012 (BGBl. I S. 2022). Die Vorschrift hat ihren Ursprung in § 85 a. F. sowie § 86 Abs. 3 a. F. und wurde im Rahmen des 1. SGB VIII-ÄndG v. 16.2.1993 (BGBl. I S. 239) zu einer eigenständigen Bestimmung zur Regelung der örtlichen Zuständigkeiten, soweit es um die Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren (§§ 50 bis 52) geht, zusammengefasst. Die in § 87b Abs. 2 normierte fortgesetzte Zuständigkeit ist aus § 86 Abs. 3 a. F. übernommen und auf gerichtliche Verfahren nach dem JGG ausgedehnt worden. Zudem wurde in Abs. 3 die Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden entsprechend § 86d eingeführt (siehe BT-Drs. 12/2866 S. 23). Im Rahmen des 2. SGB VIII-ÄndG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1775) ist in § 87b Abs. 2 die Formulierung "junge Erwachsene" – entsprechend der Begriffsbestimmung in § 7 Abs. 1 Nr. 3 – durch den Begriff "junge Volljährige" ersetzt worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 87b Abs. 1 regelt die örtliche Zuständigkeit des Jugendamtes für die Mitwirkung in Verfahren vor den Familien- und Jugendgerichten nach §§ 50 bis 52, indem auf die entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 bis 4 sowie § 86a Abs. 1 und 3 verwiesen wird, je nachdem, ob es sich um Verfahren Minderjähriger oder ggf. junger Volljähriger handelt. Absatz 2 lässt die einmal nach Abs. 1 begründete örtliche Zuständigkeit bis zum Abschluss des jeweiligen gerichtlichen Verfahrens fortbestehen und verlängert zudem die örtliche Zuständigkeit in Verfahren nach dem JGG im Falle inhaftierter junger Volljähriger über den Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Strafvollzug hinaus. Entsprechend dem Vorbild des § 86d verpflichtet Abs. 3 zum vorläufigen Tätigwerden, sofern die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird.
2 Rechtspraxis
2.1 Zuständigkeit zur Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren (Abs. 1 Satz 1)
Rz. 3
§ 87b Abs. 1 Satz 1 bestimmt als sog. "Grundnorm" die örtliche Zuständigkeit des Jugendamtes zur Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren vor den Familiengerichten sowie in Verfahren nach dem JGG i. S. d. §§ 50 bis 52. Die Vorschrift weist dabei keinen eigenständigen – die örtliche Zuständigkeit betreffenden – Regelungsgehalt auf, sondern verweist auf die entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 bis 4. Entsprechend anwendbar sind demnach ausschließlich Abs. 1 bis 4, nicht jedoch Abs. 5 bis 7. Außer Acht gelassen werden u. a. also die nach Leistungsbeginn eintretenden und die örtliche Zuständigkeit verändernden Umstände. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich demnach nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, des personensorgeberechtigten bzw. maßgeblichen Elternteils, dem des Kindes oder Jugendlichen bzw. hilfsweise nach deren tatsächlichem Aufenthalt vor Beginn der Leistung. Da es sich bei der Mitwirkung des Jugendamtes in den verschiedenen gerichtlichen Verfahren nicht um die Gewährung einer Leistung nach § 2 Abs. 2 handelt, vielmehr um die Erfüllung einer anderen Aufgabe i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 6 bis 8, und § 86 Abs. 1 bis 4 (nur) entsprechend anzuwenden ist, kann mit "Beginn der Leistung" im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Jugendhilferegelung allenfalls der Zeitpunkt gemeint sein, zu dem das Jugendamt eingeschaltet wird, und nicht derjenige etwa, zu dem bereits das gerichtliche Verfahren eingeleitet wird.
2.2 Zuständigkeit für die Mitwirkung im Verfahren nach dem JGG (Abs. 1 Satz 2)
Rz. 4
In Anbetracht dessen, dass in jugendgerichtlichen Verfahren neben Minderjährigen auch junge Volljährige (§ 105 JGG) involviert sein können, bedurfte es – Abs. 1 Satz 1 folgend – auch einer gesetzlichen Regelung zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 86a. Abs. 1 Satz 2 weist allerdings lediglich auf die (entsprechende) Anwendung des § 86a Abs. 1 und 3 hin. Damit kommt es für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit in jugendgerichtlichen Verfahren junger Volljähriger nur auf deren gewöhnlichen bzw. hilfsweise auf deren tatsächlichen Aufenthalt an. Der Einrichtungsschutz des § 86a Abs. 2 sowie die fortgesetzte örtliche Zuständigkeit nach § 86a Abs. 4 bleiben insofern unberücksichtigt.
Rz. 5
Anders als in § 105 JGG geregelt, gilt Abs. 1 Satz 2 für die Fälle, in denen der junge Volljährige zu Beginn des jugendgerichtlichen Verfahrens das 18. Lebensjahr vollendet hat. Der Tatzeitpunkt dagegen ist nicht maßgeblich.
2.3 Fortgesetzte Zuständigkeit bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens (Abs. 2 Satz 1)
Rz. 6
§ 87b Abs. 2 Satz 1 lässt die einmal nach § 86 Abs. 1 bis 4 begründete örtliche Zuständigkeit des mitwirkenden Jugendamtes bis zum Abschluss der bei den Familiengerichten anhängigen Verfahren fortbestehen. Während des laufenden gerichtlichen Verfahrens ändert sich demnach die örtliche Zuständigkeit nicht, selbst dann nicht, wenn sich die bei Leistungsbeginn (durch Einschaltung des Jugendamtes) eingetretene örtliche Zuständigkeit zu einem späteren Zeitpunkt nach § 86 ändern würde, weil beispielsweise die Eltern oder der personensorgeberechtigte Elternteil den gewöhnlichen Aufenthalt wechseln. Die Bestimmung ist im Übrigen auch auf die Fälle der Adoptionsverfahren anzuwenden, in denen die Einwilligung eines Elternteils zur Adoption durch das Familiengericht nach § 1748 BGB ersetzt werden soll.
Rz. 7
Unter dem Abschluss des Verf...