0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Rechtsnorm des § 87d wurde im Rahmen des 1. SGB VIII-ÄndG v. 16.2.1993 (BGBl. I S. 239) eingeführt und im Zuge der Änderung des Beistandschaftsgesetzes modifiziert (BGBl. I S. 2846). Sie gilt i. d. F. des Art. 4 Nr. 15 des Beistandschaftsgesetzes mit Wirkung v. 1.7.1998 in der seit dem 1.1.2012 gültigen Fassung des SGB VIII (BGBl. I 2011 S. 2022). Weil dem geänderten Recht zufolge nur noch das Jugendamt – jedenfalls den bundesgesetzlichen Regelungen folgend – Beistand sein kann (siehe hierzu auch Erläuterungen zu § 55), wurden bisherige Aufgaben des Jugendamtes, wie die Beratung und Unterstützung der Beistände sowie die Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsbeistandschaften, unbeschadet der landesrechtlichen Öffnungsklausel nach § 54 Abs. 1 Satz 2 gestrichen. Damit ist auch die Notwendigkeit, hierfür eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit vorzusehen, entfallen. Durch Art. 12 Nr. 11 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts v. 4.5.2021 (BGBl. I S. 882) wurde mit Wirkung zum 1.1.2023 Abs. 1 an die Neufassung von §§ 53, 53a und Abs. 2 an die Einführung der Regelungen zu Vormundschaftsvereinen in § 54 redaktionell angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift regelt in Abs. 1 die Zuständigkeit der örtlichen Jugendhilfeträger für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 53 und in Abs. 2 die örtliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers für die Erteilung der Erlaubnis zur Übernahme von Pflegschaften oder Vormundschaften durch einen rechtsfähigen Verein nach § 54. Sie ersetzt damit insofern § 88 Abs. 4 a. F.
2 Rechtspraxis
2.1 Örtliche Zuständigkeit für Aufgaben nach § 53 und § 53a (Abs. 1)
Rz. 3
Für die Wahrnehmung der in § 53 genannten Aufgaben knüpft § 87d Abs. 1 die örtliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an den gewöhnlichen Aufenthalt des Pflegers oder Vormundes an und erklärt damit den örtlichen Träger für zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich diese Person ihren Lebensmittelpunkt hat. Zum Begriff des "gewöhnlichen Aufenthaltes" vgl. auch Erläuterungen zu § 6, § 86 Rz. 11 bis 16.
2.2 Örtliche Zuständigkeit für Aufgaben nach § 54 (Abs. 2)
Rz. 4
Entsprechend der Regelung in Abs. 2 ist für die Anerkennung eines rechtsfähigen Vereins als Vormundschaftsverein nach § 54 Abs. 1 der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, in dessen Bereich der Verein seinen Sitz hat, d. h. an dem Ort, an dem die Verwaltung des Vereins geführt wird. Dieser Ort ist regelmäßig in der Vereinssatzung festgelegt (vgl. § 24, § 57 Abs. 1 BGB). Ist der Verein überregional (über die Grenze des Verantwortungsbereichs des überörtlichen Trägers hinaus) tätig, wird darauf abzustellen sein, inwieweit er Untergliederungen unterhält, die für sich gesehen selbständig als rechtsfähiger Verein organisiert sind. Sind derartige Untergliederungen nicht selbständig organisiert, ist der überörtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der Hauptsitz des Vereins gelegen ist (ebenso Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII/Kinder- und Jugendhilfe – Kommentar, § 87d Rz. 5; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 87d Rz. 5).
3 Literatur
Rz. 5
Baltz, Änderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) durch das Beistandschaftsgesetz, das Kindschaftsrechtsreformgesetz, das Kindesunterhaltsgesetz, das Eheschließungsrechtsgesetz und Art. 2 des 2. SGB XI-ÄndG – Teil 2, NDV 1998 S. 292;
vgl. im Übrigen Literaturhinweise zu § 86.