Rz. 4

Abs. 1 Satz 1 knüpft die örtliche Zuständigkeit bei Gewährung von Leistungen der Jugendhilfe im Ausland an den Geburtsort des jungen Menschen in Deutschland an. Örtlich zuständig ist demnach der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich der junge Mensch geboren ist. Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers beschränkt sich ausschließlich auf "Leistungen" der Jugendhilfe i. S. d. § 2 Abs. 2. Die "anderen Aufgaben" nach § 2 Abs. 3 sind hiervon nicht erfasst. Dies ist insofern nachvollziehbar, als der überörtliche Träger unter Hinweis auf § 85 Abs. 2 Nr. 9 (nur) für die Gewährung von Leistungen an Deutsche im Ausland sachlich zuständig ist, nicht jedoch für die Erfüllung der anderen Aufgaben. Die Ausweitung der örtlichen Zuständigkeit auch auf andere Aufgaben der Jugendhilfe würde mangels sachlicher Zuständigkeit damit ins Leere laufen.

 

Rz. 5

§ 88 gilt im Verhältnis zu den anderen Zuständigkeitsnormen (§§ 86 bis 87c) subsidiär. Die Vorschrift ist als reine "Ausnahmezuständigkeitsregelung" stringent auszulegen und allein auf die Fälle beschränkt zu verstehen, in denen mangels Anknüpfungspunkt im Inland (hilfsweise) auf den Geburtsort des jungen Menschen abgestellt werden muss. Hierdurch soll im Regelfall stets der Eintritt der örtlichen Zuständigkeit eines örtlichen Trägers erreicht werden und nur im Ausnahmefall die Zuständigkeit eines überörtlichen Trägers eintreten (müssen). Die örtliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers tritt jedenfalls dann nicht ein, so dass die Zuständigkeit eines örtlichen Trägers nach §§ 86 ff. begründet wird, wenn entweder die Eltern, der maßgebliche Elternteil oder alternativ das Kind bzw. der Jugendliche (als [Mit]Empfänger der Leistung) einen g.A. im Inland haben. Das BVerwG führt hierzu u. a. aus: "Die gleichzeitige Ausrichtung der Leistungsgewährung auf den Leistungsberechtigten und den Leistungsempfänger bedingt, dass für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs nicht nur der Aufenthalt des Leistungsberechtigten, sondern auch der des Leistungsempfängers maßgeblich ist. Bei einem Auseinanderfallen von Leistungsberechtigtem und Leistungsempfänger setzt eine Leistung der Jugendhilfe im Ausland im Sinne des § 6 Abs. 3 SGB VIII deshalb voraus, dass beide Beteiligte ihren Aufenthalt im Ausland haben. Allein in diesem Fall richtet sich die – daran anschließend zu bestimmende – sachliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung nach § 85 Abs. 2 Nr. 9 SGB VIII und die örtliche Zuständigkeit nach § 88 SGB VIII" (vgl. BVerwG, Urteil v. 12.5.2011, 5 C 4/10; Urteil v. 31.5.2018, 5 C 1/17). Bei Kindern und Jugendlichen reicht im Hinblick auf § 86 Abs. 4 bereits der tatsächliche Aufenthalt als Anknüpfungspunkt im Inland aus. Eine Auslandshilfe (§ 6 Abs. 3) wird in einem laufenden Verfahren auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht dadurch beendet und in eine Inlandshilfe (§ 6 Abs. 1) umgewandelt, dass sich zwar der Leistungsempfänger zum Zwecke der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung in das Inland begibt und dort aufhält, der Auslandsbezug jedoch fortbesteht, weil der leistungsberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland beibehält. Mit Eintritt der Volljährigkeit ist der Leistungsempfänger zugleich Leistungsberechtigter. Der Auslandsbezug entfällt; die Auslandshilfe wird dann zur Inlandshilfe (BVerwG, Urteil v. 31.5.2018, a. a. O.).

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