0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 89 gilt seit dem 1.4.1993 i. d. F. des 1. SGB VIII-ÄndG v. 16.2.1993 (BGBl. I S. 239) in der seit dem 1.1.2012 gültigen Fassung des SGB VIII (BGBl. I 2011 S. 2022) und ersetzt damit die bis zum 31.3.1993 geltende Vorschrift des § 97 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts i. d. F. v. 26.6.1990 (BGBl. I S. 1163). Die Bestimmung erweitert darüber hinaus § 97 Abs. 2 a. F. um einen bis dahin nicht erfassten Kostenerstattungstatbestand, mit dem Ziel, künftig alle Leistungen über eine Kostenerstattungspflicht in einer eigenständigen Norm abzudecken, die wegen Fehlens eines gewöhnlichen Aufenthalts (g.A.) auf dem tatsächlichen Aufenthalt beruhen (vgl. BT-Drs. 12/2866 S. 24).
1 Allgemeines
Rz. 2
Ist in den Fällen der § 86, § 86a und § 86b mangels Vorliegen eines g.A. der maßgeblichen Person(en) an den Ort des tatsächlichen Aufenthalts anzuknüpfen, so sind die Kosten, die der Jugendhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltsortes aufwendet, von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich er gehört. Mit dieser Regelung soll eine überproportionale Belastung des eher rein zufällig zur Jugendhilfeleistung verpflichteten Trägers am tatsächlichen Aufenthaltsort vermieden werden. Die Kostenerstattung zwischen dem örtlichen und dem überörtlichen Jugendhilfeträger wird als vertikale Kostenerstattung bezeichnet. Finden Verfahren zur Erstattung von Jugendhilfeaufwendungen rein auf der Ebene der örtlichen Träger statt, spricht man im Unterschied dazu von der horizontalen Kostenerstattung.
2 Rechtspraxis
2.1 Kostenerstattung als Folge der Anknüpfung an den tatsächlichen Aufenthalt
Rz. 3
§ 89 erfasst Fallgestaltungen, in denen sich die örtliche Zuständigkeit gemäß § 86, § 86a sowie § 86b nicht nach dem g.A. bestimmen lässt, sondern hilfsweise auf den tatsächlichen Aufenthalt abgestellt werden muss. Das können folgende Konstellationen sein:
Die Erstattungspflicht trifft in diesen Fällen den überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich der zur Leistung verpflichtete örtliche Träger der Jugendhilfe gelegen ist. Landesrecht kann diese Aufgabe nach § 89g auch anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 89g).
2.2 Subsidiäre Anwendung der allgemeinen Erstattungsvorschriften nach §§ 102 ff. SGB X
Rz. 4
Nach § 37 Satz 1 SGB I gelten die Vorschriften des SGB X auch für den Bereich der Jugendhilfe, soweit sich aus den spezialgesetzlichen Regelungen des SGB VIII nichts Abweichendes ergibt. Die Bestimmungen der §§ 102 ff. SGB X finden insoweit nur dann Anwendung, als die speziellen Kostenerstattungsnormen der §§ 89 ff. SGB VIII keine eigenen Regelungen vorsehen. Insbesondere sollten bei der Geltendmachung die gesetzliche Ausschlussfrist des § 111 SGB X sowie die Verjährungsregelung in § 113 SGB X beachtet werden.
3 Literatur
Rz. 5
DIJuF-Rechtsgutachten v. 9.11.2006, J 3.315 Kü, JAmt 2007 S. 31;
Fuchs/Habermann, Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, NDV 1993 S. 52;
Reisch, Novelliertes Kinder- und Jugendhilferecht (Teil I), ZfJ 1993 S. 157;
Wiesner, Das Erste Gesetz zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch, RdJB 1993 S. 380.