2.1 Kostenerstattung durch den örtlichen Träger am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes (Abs. 1)
Rz. 3
§ 87 knüpft die Zuständigkeit für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nach § 42 (Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen) an den tatsächlichen Aufenthalt des Minderjährigen vor Beginn der Leistung an, um den am "Ort des Geschehens" vorhandenen Träger im Falle von Kriseninterventionen zeitnah und ohne jegliche (ggf. schwierige) Zuständigkeitsbestimmung in die Pflicht des Handelns nehmen zu können. § 89b Abs. 1 schafft für einen derartigen, i. d. R. eher zufällig auftretenden Eilfall, einen Kostenausgleich und verfolgt damit wie § 89a das Ziel, eine ungleichmäßige Belastung der Träger, vor allem der des großstädtischen Bereichs, zu beseitigen. Kostenerstattungspflichtig ist deshalb der örtliche Träger, der an sich nach § 86 zuständig wäre, und zwar aufgrund des g.A.
Abs. 1 kann keine Erstattungsansprüche eines einstweilig tätig gewordenen örtlichen Trägers begründen, wenn sich die Zuständigkeit des anderen örtlichen Trägers aus § 88a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 als lex specialis zu § 86 ergibt. Abs. 1 findet auf Fälle der Inobhutnahme entwichener unbegleiteter minderjähriger Ausländer auch keine entsprechende Anwendung (VG Stuttgart, Urteil v. 20.12.2021, 7 K 6259/20; VG Karlsruhe, Urteil v. 19.7.2022, 8 K 4700/21; Urteil v. 6.12.2022, 8 K 108/21).
2.2 Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger (Abs. 2)
Rz. 4
Für den Fall, dass ein kostenerstattungspflichtiger Träger nicht vorhanden sein sollte, weil die Zuständigkeit nach der Grundregel des § 86 nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft werden kann, sondern hilfsweise auf dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen beruht, trifft die Erstattungspflicht den überörtlichen Träger, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört, der die vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen getroffen hat. "Nicht vorhanden" i. S. d. Abs. 2 ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger selbst dann, wenn er nicht ermittelbar ist, beispielsweise im Fall der Inobhutnahme im Anschluss an eine anonyme Geburt (vgl. Bay VGH, Urteil v. 9.6.2005, 12 BV 03.1971). Zur Bestimmung einer nach Landesrecht abweichenden Stelle vgl. die Ausführungen zu § 89g.
2.3 Fortgesetzte Kostenerstattungspflicht für Asylsuchende (Abs. 3)
Rz. 5
Erfordern die vorläufigen Maßnahmen nach § 42 die Gewährung einer daran anschließenden Leistung i. S. d. § 2 Abs. 2, so bleibt hierfür gemäß § 86 Abs. 7 Satz 1 HS 2 i. d. F. des 2. SGB VIII-ÄndG der zuvor nach § 87 örtlich zuständige Träger weiterhin zuständig. Ein Zuständigkeitswechsel findet insofern nicht statt. Dementsprechend sorgt die Regelung des Abs. 3 auch hier für einen kostenmäßigen Ausgleich des fortgesetzt zuständigen Trägers als Folge der aus der Fortsetzung der örtlichen Zuständigkeit resultierenden Belastungen. Abs. 3 findet allerdings nur in solchen Fällen Anwendung, in denen die Jugendhilfeleistung erst nach einem Monat seit der Einreise einsetzt. Ansonsten gehen die Erstattungsregelungen des § 89 Abs. 1 bis 3 vor (vgl. hierzu § 89d Abs. 5).
2.4 Umfang der erstattungspflichtigen Aufwendungen
Rz. 6
Der Umfang der erstattungsfähigen Aufwendungen richtet sich nach § 89f. Die Bagatellgrenze des § 89f Abs. 2 von 1.000,00 EUR gilt für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht. Allerdings ist präzise abzuwägen, ob der erforderliche Verwaltungsaufwand zur Feststellung des zuständigen Jugendhilfeträgers in Relation zu den zu erwartenden Einnahmen in einem angemessenen Verhältnis steht (vgl. Herigslack, ZfF 1993 S. 49).