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Sind Jugendhilfeaufwendungen ausschließlich infolge eines vorwerfbaren pflichtwidrigen Verhaltens des örtlich zuständigen Trägers entstanden und musste deshalb der Jugendhilfeträger am Ort des tatsächlichen Aufenthalts des Leistungsberechtigten die Leistung vorläufig erbringen, kann der vorläufig tätig gewordene Träger über die Erstattung seiner Aufwendungen hinaus einen sog. Verwaltungskostenaufschlag in Höhe eines Drittels der aufgewendeten Kosten, mindestens jedoch 50,00 EUR, beanspruchen. Als pflichtwidrig ist ein Verhalten eines sachlich wie auch örtlich zuständigen Trägers insbesondere dann anzusehen, wenn er – entgegen den Regelungen des SGB VIII – die Gewährung einer Jugendhilfeleistung verzögert, im unzumutbaren Maße einschränkt oder gänzlich ablehnt, in der Folge damit die fortdauernde Leistungspflicht gemäß § 86c oder die Verpflichtung zum vorläufigen Tätigwerden nach § 86d ausgelöst wird. Das bewusste Hinauszögern eines Zuständigkeitswechsels und der damit verbundenen Fallübernahme, beispielsweise in der Annahme, dass der den Zuständigkeitswechsel auslösende maßgebliche Elternteil mit Blick auf dessen eigene Ankündigung, erneut den g.A. wechseln zu wollen, stellt sich ebenfalls als pflichtwidrige Handlung dar (vgl. VG Würzburg, Urteil v. 29.4.2010, W 3 K 09.126, zitiert nach juris). Eine pflichtwidrige Handlung kann mitunter auch dann vorliegen, wenn der zuständige Träger die Jugendhilfeleistung nicht aus einem Grund verzögert, der unmittelbar in der Person des einzelnen Sachbearbeiters zu suchen ist, sondern weil er unter Umständen die organisatorischen Vorkehrungen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen hat, um den Jugendhilfefall zeitnah und ohne eine hinnehmbare (kurze) Verzögerung bearbeiten zu können (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, Urteil v. 10.2.2000, 3 A 3393/97, NDV-RD 2001 S. 18 = ZfF 2002 S. 43). Hingegen ist Pflichtwidrigkeit nicht anzunehmen, wenn in einem schwierig zu beurteilenden Kompetenzkonflikt ein Jugendhilfeträger seine Zuständigkeit aus rechtlichen Erwägungen heraus verneint, die sich bei genauerer Prüfung als fehlerhaft darstellen (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 28.4.2015,12 S 1274/14, juris). In Zeiten immer knapper werdender Haushaltsmittel und damit einhergehend mangelnder personeller Kapazitäten dürfte die Regelung künftig an Bedeutung weiter zunehmen. Maßgeblich ist in jedem Fall allein das Verhältnis des vorläufig tätig gewordenen Trägers gegenüber dem schlussendlich örtlich zuständigen Träger, nicht jedoch das Verhältnis des die vorläufige Leistung erbringenden Trägers gegenüber dem Leistungsberechtigten.
§ 89c Abs. 2 stellt keinen eigenständigen Kostenerstattungstatbestand bei pflichtwidrigen Handlungen dar. Ihre Anwendung setzt das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruches nach § 89c Abs. 1 voraus (vgl. hierzu auch OVG Niedersachsen, Urteil v. 13.2.2006, 12 LC 12/05, FEVS 58 S. 79 = NDV-RD 2006 S. 51). Die Vorschrift ist lediglich als Annexverpflichtung zu Abs. 1 zu verstehen, muss allerdings eigenständig geltend gemacht werden (so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 30.11.2011, 1 L 71/09). D.h., der erstattungsberechtigte Träger muss dem erstattungspflichtigen Träger mitteilen, dass er das "Verwaltungskostendrittel" beansprucht.