Rz. 11

§ 89e Abs. 1 Satz 2 normiert eine zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit ausgelöste Kostenerstattungspflicht nach Abs. 1 Satz 1 über den Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder Jugendlichen hinaus. Die sog. fortgesetzte Kostenerstattungspflicht setzt also mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder Jugendlichen ein, sofern über diesen Zeitpunkt hinaus eine Jugendhilfeleistung nach § 86a Abs. 4 bzw. § 86b Abs. 3 gewährt wird, sich die örtliche Zuständigkeit zuvor nach dem g.A. der Eltern, eines Elternteils, des Kindes oder Jugendlichen bzw. des nach § 19 Leistungsberechtigten richtete und dieser g.A. in einer Einrichtung oder einer anderen Familie bzw. sonstigen Wohnform i. S. d. Abs. 1 Satz 1 begründet worden ist. Dies sind zunächst Fälle der Leistungsgewährung nach

  • § 13 Abs. 3 (Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen während der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei beruflicher Eingliederung),
  • § 21 (Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht).
 

Rz. 12

Darüber hinaus erfasst Abs. 1 Satz 2 auch solche Fälle, in denen einer Hilfe für junge Volljährige nach § 41 oder einer Maßnahme nach § 19 (gemeinsame Wohnform für Mütter/Väter und Kinder) entweder eine der vorgenannten Leistungen oder eine Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff. bzw. Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a vorausgehen. Gleiches gilt im Übrigen im Falle einer nach Eintritt der Volljährigkeit andauernden Hilfe für junge Volljährige, wenn der weitere (künftige) pädagogische Bedarf der/des jungen Volljährigen einen Wechsel von der Hilfe für junge Volljährige in eine Maßnahme der gemeinsamen Betreuung der Mutter/des Vaters mit dem Kind in einer Mutter/Vater-Kind-Einrichtung gemäß § 19 erforderlich macht.

 

Rz. 13

Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, solange sich die örtliche Zuständigkeit nach § 86a Abs. 4 bzw. § 86b Abs. 3 richtet. Dies bedeutet, dass Hilfeunterbrechungen von bis zu 3 Monaten keine Auswirkungen auf die Erstattungspflicht haben. Das heißt, der bis zur unschädlichen Hilfeunterbrechung (siehe hierzu auch Erläuterungen zu § 86a Rz. 9 f.) kostenerstattungspflichtige Jugendhilfeträger bleibt auch im Falle einer Wiederaufnahme der Leistung bis zu deren endgültiger Einstellung weiterhin erstattungspflichtig.

 

Rz. 14

§ 89e Abs. 1 Satz 2 schließt mit seinem Regelungsinhalt i. d. F. des Art. 1 Nr. 43 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) eine in den Kostenerstattungsregelungen bis dahin vorhandene Gesetzeslücke, deren Ausfüllung in der Vergangenheit – mangels gesetzlicher Regelung – höchstrichterlicher Rechtsprechung bedurfte. Diese sah vor, dass eine bei Eintritt der Volljährigkeit bestehende Kostenerstattungspflicht nach § 89a Abs. 1 bis 3 im Falle der Fortsetzung der Leistung als Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 auch dann festgeschrieben wurde, wenn sie einen Jugendhilfeträger nur deshalb traf, weil der für die Erstattung bis zur Volljährigkeit maßgebliche g.A. an einem durch § 89e vor Kostentragung geschützten Einrichtungsort lag – Fortführung von BVerwGE 117 S. 194 = EuG 56 S. 353 (BVerwG, Urteil v. 11.12.2003, 5 C 57.02, EuG 58 S. 448). Durch diese Entscheidung war sichergestellt, dass Aufwendungen, die nach Eintritt der Volljährigkeit entstanden sind, weiterhin im vollen Umfang der Erstattungspflicht unterlagen und nicht schon deshalb von der Kostentragung ausgeschlossen werden konnten, weil die Regelung des § 89e Abs. 1 a. F. die Person des "jungen Volljährigen" ihrem reinen Wortlaut nach unberücksichtigt ließ.

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