Rz. 4

Die in Art 6 Abs. 2 Satz 2 GG normierte Pflicht des Staates aufgrund des Wächteramtes stellt eine tief in Grundrechte des Kindes und der Eltern und Sorgeberechtigten eingreifende Befugnis dar. Sie beinhaltet zugleich eine Verpflichtung zum Tätigwerden, bei deren Nichterfüllung Ansprüche der Geschädigten wegen Amtspflichtverletzung und sogar strafrechtliche Konsequenzen erwachsen können. Deshalb muss die Eingriffsschwelle nicht nur im Interesse der zu schützenden Kinder und Jugendlichen, sondern auch im Interesse der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und ihrer Mitarbeiter gesetzlich präzise definiert werden; denn ein unberechtigtes Tätigwerden des Jugendamtes kann ähnlich schwerwiegende Konsequenzen haben wie die fehlerhafte Untätigkeit.

 

Rz. 5

Die Vorschrift definiert die Eingriffsschwelle nicht völlig neu, sondern legt die staatliche Eingriffsschwelle zugrunde, bei der das Familiengericht tätig werden muss. Sie wird definiert in § 1666 Abs. 1 BGB als eine Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes. Als in Betracht kommende Gefährdungshandlungen werden die missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die Vernachlässigung des Kindes, das unverschuldete Versagen der Eltern und das Verhalten eines Dritten genannt. Inhaltlich werden die in Betracht kommenden Gefährdungshandlungen im Gesetzeswortlaut nur ansatzweise definiert. Die missbräuchliche Ausübung des Sorgerechts, die Vernachlässigung des Kindes, das unverschuldete Versagen der Eltern und das Verhalten Dritter werden inhaltlich nicht näher bezeichnet. Erscheinungsformen der Kindeswohlgefährdung sind nach allgemeiner Auffassung die körperliche oder seelische Vernachlässigung, die körperliche oder seelische Misshandlung und sexuelle Gewalt.

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