Rz. 3

Der Begriff der Grundrichtung der Erziehung wurde bereits durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des RJWG v. 11.8.1961 (BGBl. I S. 1193) eingeführt. Gemeint sind die Erziehungstendenzen und die Erziehungsziele der Personensorgeberechtigten (zum Begriff der Erziehung und des Erziehungsziels vgl. § 1 Rz. 6 und 7). Diese gründen in der Lebensauffassung, die ihrerseits sehr unterschiedlich sein kann. Daher kann es keine allgemein gültige Grundrichtung der Erziehung geben. Die Grundrichtung der Erziehung beinhaltet religiöse, materialistische, politische und pädagogische Elemente. Sie entwickelt sich aus der Familie oder der Lebenshaltung des Erziehungsberechtigten heraus und kann sich an den Grundsätzen einer Religionsgemeinschaft, einer gesellschaftlichen Gruppierung oder Partei orientieren. Es kann eine fest gefügte Grundrichtung sichtbar werden, es können jedoch auch schwer identifizierbare Bruchstücke einer Grundhaltung der Personensorgeberechtigten vorhanden sein. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen die Personensorgeberechtigten sich einigen (vgl. § 1627 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 4

Die von den Personensorgeberechtigten vorgegebene Grundrichtung der Erziehung ist grundsätzlich zu beachten. Unter mehreren Interpretationen des Kindeswohles ist die elterliche Interpretation gegenüber der staatlichen Interpretation vorrangig. Dies setzt natürlich voraus, dass eine solche überhaupt vorhanden ist. Der Programmsatz konkretisiert das Grundrecht aus Art 6 Abs. 1 und 2 GG. Der Vorrang der vorgegebenen Grundrichtung der Erziehung findet daher auch seine Grenzen in der Grundrechtsstellung der Kinder und Jugendlichen. Insbesondere darf die von den Personensorgeberechtigten vorgegebene Grundrichtung nicht das Kindeswohl gefährden. Sobald dies erkennbar ist, muss der Jugendhilfeträger aktiv werden. Allerdings darf er auch in einem solchen Fall nicht aus eigenem Recht das Personensorgerecht beschneiden. Vielmehr muss dann eine Entscheidung des Familiengerichts nach § 50 Abs. 3 bzw. des Vormundschaftsgerichts nach § 53 Abs. 3 herbeigeführt werden.

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