2.1 Bestimmung des Einkommens (Abs. 1)
Rz. 3
Mit der Einfügung des Einkommensbegriffs zum 1.10.2005 sollte unter Aufgabe des Verweises auf das BSHG bzw. SGB XII eine eigenständige Definition geschaffen werden. Der Einkommensbegriff sollte sich den Vorschriften des SGB XII orientieren, aber eine schnellere und einfachere Berechnung des bereinigten Einkommens als Grundlage für den Kostenbeitrag ermöglichen (vgl. BT-Drs. 15/3676 S. 42). Hatte das BVerwG vor dem Hintergrund dieser eigenständigen Regelung zunächst offen gelassen, ob zur Auslegung des Einkommensbegriffs sozialhilferechtliche, unterhaltsrechtliche oder steuerrechtliche Grundsätze entsprechend herangezogen werden sollten (Urteil v. 19.8.2010, 5 C 10/09 Rz. 27), greift es nunmehr angesichts der deutlichen Parallelen zum SGB XII auf den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff zurück (Urteil v. 11.10.2012, 5 C 22/11 Rz. 17 ff.). Danach scheidet eine pauschale Übernahme der gesamten sozialhilferechtlichen Berechnungsvorschriften zwar aus, jedoch finden die im SGB XII geltenden Einkommensberechnungsregeln sinngemäß Anwendung, wenn sie dem gesetzgeberischen Ziel einer einfachen und schnellen Einkommensberechnung Rechnung tragen und wenn sie mit den sonstigen Besonderheiten des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts in Einklang stehen.
Soweit § 93 die Details der Einkommensberechnung nicht explizit regelt und eine Auslegung des unbestimmten Begriffs des Einkommens nicht zum Ziel führt, liegt eine planwidrige Lücke vor, die durch eine analoge Anwendung von im Sozialhilferecht geltenden Grundsätzen über die Berechnung des Einkommens zu schließen ist (BVerwG, Urteil v. 19.0.2013, 5 C 16/12 Rz. 19 f.). Nach diesen Maßgaben hat das BVerwG auf die zum Sozialhilferecht entwickelte Zuflusstheorie zurückgegriffen (Urteil v. 11.1.2012, a. a. O., Rz. 19). In Bezug auf die Einzelheiten über die Ermittlung des Einkommens hat es die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII herangezogen (BVerwG, Urteil v. 19.3.2013, a. a. O., Rz. 20).
Die Zuflusstheorie ist dabei für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen heranzuziehen. Diese Abgrenzung ist deshalb von Bedeutung, weil die Kostenbeitragspflichtigen mit Ausnahme des § 92 Abs. 1a nur aus ihrem Einkommen herangezogen werden können. Nach der vom BVerwG (Urteil v. 18.2.1999, 5 C 35/97) zu § 76 BSHG a. F. entwickelten modifizierten Zuflusstheorie gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Einkommen in diesem Sinne ist alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Mittel, die der Hilfesuchende also erst in der Bedarfszeit erhält sind regelmäßig als Zufluss in der Bedarfszeit Einkommen. Mittel, die der Hilfesuchende früher, wenn auch erst in einer vorangegangenen Bedarfszeit, als Einkommen erhalten hat, sind, soweit sie in der aktuellen Bedarfszeit noch vorhanden sind, Vermögen. Für die Frage, wann etwas zufließt, ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, soweit nicht normativ ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird (modifizierte Zuflusstheorie). Diese Rechtsprechung wurde von dem BSG zu § 82 SGB XII übernommen (Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 35/07 R). Dabei hat das BVerwG jedoch im jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrecht eine streng an den jeweiligen Monatsbezügen ausgerichtete Einzelberechnung des Einkommens abgelehnt, da eine solche Betrachtung dem im Jugendhilferecht geltenden Grundsatz der einfachen und schnellen Einkommensberechnung widerspräche (Urteil v. 11.10.2012, a. a. O., Rz. 20).
Zum Einkommen gehören damit insbesondere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 3 DVO zu § 82 SGB XII), Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit (§ 4 DVO zu § 82 SGB XII), Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 6 DVO zu § 82 SGB XII) sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 7 DVO zu § 82 SGB XII). Ein Verlustausgleich zwischen Einkunftsarten ist nicht vorzunehmen (vgl. § 10 DVO zu § 82 SGB XII). Zum Einkommen zählen Lohnnachzahlungen (vgl. VG Münster, Urteil v. 11.4.2011, 6 K 2739/10) sowie Abfindungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. VG Minden, Beschluss v. 22.1.2013, 6 K 2032/12). Aus Mehrarbeit (Überstunden und Wochenendschichten) erzieltes Einkommen bleibt nicht außer Ansatz (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.11.2018, 12 A 2580/18 Rz. 5). Hingegen gehört eine Auslandsschulbeihilfe nicht zu den als Einkommen gewerteten Leistungen (so VG Münster, Urteil v. 11.4.2011, 3 K 2225/10).
Rz. 4
Geldleistungen, die dem gleichen Zweck wie die Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen (Satz 3). Damit wird die vorrangige Verwendung dieser Mittel entsprechend ihrer Zweckbestimmung sichergestellt. Jede Geldleistung eines Dritten, die in ihrer Zweckbestimmung – ausdrücklich oder konkludent – dieselbe Zielrichtung wie die Leistungen der Jugendhilfe verfolgt und die zeitgleich zu dieser gewährt wird, ist zu berück...