2.1 Ersatzverpflichtete (Abs. 1 Satz 1 und 4)
Rz. 6
Kostenersatzpflichtig ist der Erbe des Sozialhilfeempfängers, daneben aber nach § 102 Abs. 1 auch der Erbe des Ehegatten (oder des Lebenspartners) des Sozialhilfeempfängers, wenn dieser vor dem Sozialhilfeempfänger verstirbt. Die Haftung des Erben des vorverstorbenen Ehegatten folgt daraus, dass auch der nicht Sozialhilfe beziehende Ehegatte nach § 19 i. V. m. § 90 den dort normierten Vermögensschutz genießt und daher der Sinn der Erbenhaftung auch hier dessen Haftung gebietet.
Rz. 7
(unbesetzt)
Rz. 8
Die Erbeneigenschaft ergibt sich aus den bürgerlich-rechtlichen Regelungen in §§ 1922ff. BGB. Auch der (nicht befreite) Vorerbe ist Erbe im Sinne der Vorschrift (BVerwG, Urteil v. 23.9.1982, 5 C 109/81, FEVS 32 S. 177; dazu Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 6). Der in § 102 verwendete Begriff "Erbe der leistungsberechtigten Person" bedeutet nicht, dass die Sozialhilfeberechtigung im Zeitpunkt des Erbfalles bestanden haben muss; es genügt, wenn sie zu beliebigen Zeiten, jedoch innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren vor dem Erbfall gegeben war, § 102 Abs. 1 (OVG Berlin, Urteil v. 23.6.2005, 6 B 23.03, FEVS 57 S. 517).
Rz. 9
Der Erbe des kostenersatzpflichtigen Erben übernimmt nach den allgemein bürgerlich-rechtlichen Vorschriften mit dessen Nachlass auch die den Nachlass belastende Kostenersatzpflicht (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 9 und 17).
Rz. 10
Kostenersatzansprüche nach Abs. 1 gegen die Erben des vor dem Sozialhilfeempfänger verstorbenen Ehegatten und gegen die Erben des Sozialhilfeempfängers selbst entstehen unabhängig voneinander kraft Gesetzes (vgl. Komm. vor §§ 102 bis 105) mit dem Tode des Erblassers (BVerwG, Urteil v. 10.7.2003, DÖV 2004 S. 208). In diesem Fall können die Erben des vorverstorbenen Ehegatten des Sozialhilfeempfängers nicht geltend machen, vorrangig hafteten die Erben des nachverstorbenen Sozialhilfeempfängers; vielmehr haften beide Erben bzw. Erbengruppen nebeneinander in dem durch § 102 bezeichneten Umfang. Nach dem Grundgedanken des § 102 soll der Sozialhilfeträger eine nachträgliche Deckung der angefallenen Sozialhilfeaufwendungen durch Kostenersatz möglichst umfassend, einfach und effektiv gegen die jeweils kostenersatzpflichtigen Erben durchsetzen können. Der zu Lebzeiten bestehende Vermögensverwertungsschutz zugunsten des Sozialhilfeempfängers und seines Ehegatten endet mit deren Tod. Weder die Erben des Sozialhilfeempfängers noch die seines Ehegatten sind schutzwürdig i. S. d. § 92 (BVerwG, Urteil v. 10.7.2003, 5 C 17/02, DÖV 2004 S. 208 = FEVS 55 S. 124).
Rz. 11
Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn der Sozialhilfeempfänger selbst Erbe seines Ehegatten ist (Abs. 1 Satz 4) und im Hinblick auf Sozialhilfeleistungen, die während der Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten geleistet worden sind (Abs. 1 Satz 3). Im ersteren Fall kann allerdings durch den Vermögenszuwachs die Sozialhilfebedürftigkeit entfallen. Der zweite Fall findet seinen Grund darin, dass während des Getrenntlebens der Ehegatten das Vermögen der Ehegatten nicht gemeinsam berücksichtigt wird, der Zweck des § 102 demnach nicht erreicht werden kann (Conradis, a. a. O., § 102 Rz. 7).
2.2 Umfang der Kostenersatzverpflichtung (Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 bis 5)
2.2.1 Sozialhilfekosten, 10-Jahres-Zeitraum (Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 5)
Rz. 12
Der Ersatzpflicht unterliegen grundsätzlich alle Sozialhilfekosten, soweit nicht das Gesetz selbst eine Ausnahme vorsieht (Abs. 5). Es kommt nicht auf die Hilfeart an, auch nicht darauf, ob es sich um einmalige oder laufende Hilfen handelt (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 102 Rz. 8).
Rz. 13
Ausdrücklich ausgenommen von der Kostenersatzpflicht sind nach Abs. 5 die Kosten für Leistungen nach Kap. 4 (Grundsicherung) und die vor dem 1.1.1987 entstandenen Kosten der Tuberkulosehilfe.
Rz. 14
Die Herausnahme der Kosten der Grundsicherungsleistungen (vgl. dazu Komm. vor §§ 102 bis 105) beruht darauf, dass diese bis 31.12.2004 in einem eigenen Gesetz geregelt waren, sie sollten ausdrücklich keine Leistungen der Sozialhilfe sein und unterlagen damit auch nicht den Regelungen der Ersatzpflichten des Sozialhilferechts. Nunmehr finden sich die Vorschriften des ehemaligen Grundsicherungsgesetzes v. 26.6.2001 (BGBl. I S. 1310) im SGB XII, die Grundsicherungsleistungen werden damit zu Sozialhilfeleistungen. Wie sich aus verschiedenen Regelungen ergibt, handelt es sich allerdings um Sozialhilfeleistungen eigener Art. Zum einen gehen sie der Hilfe zum Lebensunterhalt vor (§ 19 Abs. 2 Satz 3), zum anderen werden Leistungen der Grundsicherung versagt, wenn die Bedürftigkeit in den letzten 10 Jahren mutwillig (vorsätzlich oder grob fahrlässig) herbeigeführt wurde (§ 41 Abs. 3). Darüber hinaus sind die Leistungen der Grundsicherung antragsabhängig (§ 41 Abs. 1); sie unterliegen nicht dem Kenntnisgrundsatz des § 18. Schließlich ist die Heranziehung Unterhaltspflichtiger erheblich eingeschränkt (§ 43 Abs. 2). In diese Systematik würde sich eine Erbenhaftung für Leistungen der Grundsicherung nicht einfügen (a. A. Conradis, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 102 Rz. 19). Sie ist daher zu Recht ausgenommen. E...