Rz. 28

In bestimmten Fällen, die in Abs. 3 Nr. 1 bis 3 abschließend geregelt sind, ist der nach Abs. 1 entstandene Kostenersatzanspruch vom Träger der Sozialhilfe nicht geltend zu machen. Es besteht kein Ermessen, es handelt sich um den gesetzlichen Ausschluss der Geltendmachung des Anspruchs in der in Nr. 1 bis 3 genannten Höhe (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 10; Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 19).

 

Rz. 29

Zu Abs. 3 Nr. 1: Der Anspruch auf Kostenersatz ist nicht geltend zu machen, soweit der Wert des Nachlasses unter dem 3-fachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 liegt (zum Grundbetrag s. oben Rz. 17). Wie der Wortlaut der Vorschrift zu erkennen gibt, handelt es sich auch hier – wie in Abs. 1 Satz 2 – um einen Freibetrag, der allerdings auf den Nachlass bezogen ist und deshalb unabhängig von der Zahl der Erben nur einmal in Ansatz (vgl. Rz. 17) gebracht werden kann (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 20 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil v. 26.10.1978, 5 C 52/77, FEVS 27 S. 100). Im Rahmen dieses Freibetrages sind die Aufwendungen einer angemessenen Beerdigung nicht enthalten. Beerdigungskosten sind als Nachlassverbindlichkeiten (vgl. Rz. 21) berücksichtigungsfähig (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 16; a. A. LG Trier, Urteil v. 1.12.1999, 5 T 128/99). Wenn und soweit also der Nachlass die 3-fache Höhe des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 nicht übersteigt, ist der Anspruch auf Kostenersatz ausgeschlossen (Conradis, a. a. O., § 102 Rz. 11).

 

Rz. 30

Zu Abs. 3 Nr. 2: Ein Freibetrag in Höhe von 15.340,00 EUR bleibt von einer bestehenden Kostenersatzpflicht des Erben frei, wenn

  • der Erbe (im Zeitpunkt des Erbfalles) Ehegatte oder Lebenspartner des Leistungsberechtigten oder mit diesem verwandt war (§ 1589 BGB) und
  • der Ehegatte oder der Verwandte nicht nur vorübergehend bis zum Tode des Sozialhilfeempfängers mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt und
  • ihn gepflegt hat.
 

Rz. 31

Es handelt sich um kein besonderes Ehegattenprivileg, vielmehr sind Ehegatten und Verwandte gleichgestellt, wenn nur die weiteren Voraussetzungen (häusliche Gemeinschaft und Pflege) gegeben sind. Nr. 2 ist lex specialis zu Nr. 1 (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 19, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil v. 23.9.1982, 5 C 109/81, FEVS 32 S. 177).

 

Rz. 32

Unter häuslicher Gemeinschaft ist gemeinsames Zusammenleben ("unter einem Dach") zu verstehen. Die engeren Voraussetzungen der Haushaltsgemeinschaft (§ 36 Satz 1) müssen nicht vorliegen (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 20; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 12; Conradis, a. a. O., § 102 Rz. 12), ebenso wenig die des Haushalts des § 9 Abs. 1. Es reicht also aus, wenn das Zusammenleben im gleichen Haus und nicht innerhalb einer Wohnung stattgefunden hat (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 22; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., Rz. 12).

 

Rz. 33

Auf keinen Fall besteht eine häusliche Gemeinschaft bei Unterbringung in einem Heim, auch wenn der Ehegatte oder Verwandte sich über große Teile des Tages im Heim befindet (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 12). Fehlt es an dem Merkmal der häuslichen Gemeinschaft, kommt eine entsprechende Anwendung der Nr. 2 nicht in Betracht (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 20), vielmehr ist dann das Vorliegen einer besonderen Härte zu prüfen (vgl. Rz. 39). Die entgegenstehende Auffassung (VGH Kassel, Urteil v. 26.11.1998, FamRZ 1999 S. 1023; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 13) negiert ohne Not den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die als Ausnahmetatbestand keine erweiternde Auslegung zulässt.

 

Rz. 34

Die häusliche Gemeinschaft darf nicht nur vorübergehend bestanden haben. Auch wenn die tatsächliche häusliche Gemeinschaft durch überraschenden Tod des Sozialhilfeberechtigten nur von kurzer Dauer war, so kann das Merkmal "nicht nur vorübergehend" dann erfüllt sein, wenn der Erbe die erkennbare ernste Absicht hatte, die häusliche Gemeinschaft auf längere Sicht aufrechtzuerhalten (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 22; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 13). Ein fester Zeitraum kann nicht gefordert werden (Conradis, a. a. O., § 102 Rz. 13; so aber: Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 22: mehrere Monate).

 

Rz. 35

Der Erbe muss die leistungsberechtigte Person bis zu ihrem Tode gepflegt haben. Dazu reicht die übliche Pflege und Betreuung, die älteren Personen wegen altersbedingter Einschränkung zuteil werden, nicht aus (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 23; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 102 Rz. 13). Vereinzelte, gelegentliche Handreichungen oder auch das Einspringen bei Notfallsituationen reichen nicht aus. Vielmehr müssen annähernd die Voraussetzungen der Hilfe zur Pflege (§ 61) gegeben sein (Conradis, a. a. O., § 102 Rz. 13; Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 102 Rz. 23). Mitwirkung Dritter ist unschädlich (Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 21).

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