2.1 Tatbestandsvoraussetzungen (Abs. 1 Satz 1)
2.1.1 Rechtmäßige Sozialhilfe
Rz. 14
Zu ersetzen ist jede Art von rechtmäßig geleisteter Sozialhilfe, nicht zu ersetzen sind jedoch Leistungen der Grundsicherung (vgl. oben Rz. 27 ff. vor §§ 102 bis 105), auch im Falle einer Eil- oder Nothilfeleistung eines anderen gemäß § 25 (Steimer, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 103 Rz. 4; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 103 Rz. 39; H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 103 Rz. 8, unter Hinweis auf VGH BW, Urteil v. 11.9.1985, 6 S 1510/85, FEVS 52 S. 109).
Rz. 15
Liegt der Leistung von Sozialhilfe ein unter Verletzung materiellen Rechts erlassener Verwaltungsakt zugrunde, so greift die Sondervorschrift des § 104, daneben finden die allgemeinen Regelungen Anwendung (§§ 45ff. SGB X; BVerwG, Urteil v. 5.5.1983, 5 C 112/81, NDV 1984 S. 38; VGH München, Urteil v. 24.7.2003, FEVS 55 S. 211). Dies gilt auch für Leistungen der Grundsicherung unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 (vgl. Komm. vor §§ 102 bis 105 sowie zu § 102).
2.1.2 Kostenersatzpflichtiger
Rz. 16
Verpflichtet zum Ersatz der erbrachten Sozialhilfeleistung ist derjenige, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die Umstände herbeigeführt hat, die zur Bedürftigkeit geführt haben. Er muss allerdings im Zeitpunkt der schuldhaften Handlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dieses Merkmal ist ab Mitternacht (24 Uhr) des 18. Geburtstages gegeben.
Rz. 17
Hat der Handelnde das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, entsteht ein Kostenersatzanspruch nicht, auch nicht gegen seine Eltern (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 103 Rz. 9).
2.1.3 Vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung der Sozialhilfebedürftigkeit
Rz. 18
Nicht das Herbeiführen als solches, sondern nur das vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführen der Sozialhilfebedürftigkeit führt zum Kostenersatz. Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Wollen die Voraussetzungen schafft, die die Sozialhilfeleistungen auslösen. Überwiegend wird vertreten, dass sich der Vorsatz nicht auf den Erfolg – die Gewährung von Sozialhilfe – beziehen muss (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 103 Rz. 7); Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 103 Rz. 12). Da es sich um einen quasi-deliktischen Anspruch handelt (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 103 Rz. 4; BVerwG, Urteil v. 23.9.1999, 5 C 22/99, FEVS 51 S. 341; vgl. auch Rz. 25) und eine Haftung für unbeabsichtigte oder unvorhersehbare Folgen außer im Rahmen einer verschuldensunabhängigen Haftung als Ausnahme nicht in Betracht kommt, muss sich der Vorsatz auch auf die Folge beziehen mit der Maßgabe, dass diese nicht beabsichtigt, wohl aber mindestens billigend in Kauf genommen worden sein muss.
Rz. 19
Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer nahe liegende Überlegungen einfacher Art nicht anstellt und das unbeachtet lässt, was jedem in der Situation sofort einleuchten würde (vgl. auch § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Auch in Fällen grober Fahrlässigkeit muss sich der Schuldvorwurf auf den Erfolg – die Herbeiführung der Sozialhilfe – beziehen. Es gilt das oben zum Vorsatz Gesagte, mit der Besonderheit, dass der Erfolg für möglich, obgleich nicht für wünschenswert gehalten wird. Der anzulegende Maßstab der Sorgfaltspflicht ist nicht nach subjektiven, in der Vorstellung des Einzelnen liegenden, sondern nach objektiven Maßstäben zu beurteilen (OVG Münster, Urteil v. 23.5.1990, NDV 1990 S. 431).
Rz. 20
Unter Verhalten ist auch ein Unterlassen zu verstehen, daher kann die Vorwerfbarkeit des Verhaltens auch auf der Verletzung einer Handlungspflicht beruhen (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 103 Rz. 7).
Rz. 21
Das Verhalten muss nicht rechtswidrig sein, die mutwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes mit der Folge von Sozialhilfebedürftigkeit ist nicht rechtswidrig, dennoch geeignet, eine Kostenersatzpflicht auszulösen (H. Schellhorn, in: Schellhorn/SchellhornHohm, a. a. O., § 103 Rz. 17). Dennoch führt nicht jedes rechtmäßige mutwillige Verhalten zu einer Kostenersatzpflicht. Daher hat die Rechtsprechung den Begriff der Sozialwidrigkeit entwickelt. Sozialwidrig handelt, wer etwas tut oder unterlässt, das aus Sicht der Gemeinschaft, die als Solidargemeinschaft die Mittel für die Sozialhilfeleistung aufbringen muss, zu missbilligen ist (BVerwG, Urteil v. 14.1.1982, 5 C 70/80, FEVS 31 S. 265 = NDV 1982 S. 238).
Rz. 22
Einen gesetzlich vorgesehenen Fall des sozialwidrigen Verhaltens durch Unterlassen sieht § 92 Abs. 2 Satz 6 vor, wonach zum Ersatz der Kosten nach den §§ 103 und 104 insbesondere verpflichtet ist, wer sich in den Fällen der Inanspruchnahme von Leistungen zur medizinischen oder beruflichen Rehabilitation vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht oder nicht ausreichend versichert hat (ebenso: Wolf, in: Fichtner/Wenzel, a. a. O., § 103 Rz. 7 unter Hinweis auf Zeitler, NDV 2001 S. 318).
Rz. 23
Sozialwidriges Verhalten wurde angenommen:
- bei unbegründeter Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Steimer, in: Mergler/Zink, a. a. O., § 103 Rz. 13; OVG Lüneburg, Urteil v. 22.11.1995, 4 L 817/95, ZfF 1998 S. 62);
- bei ehewidrigem Verhalten, das zur A...